17 reformiert 6/2001 . . . . . . . . . Bilder und Berichte aus der Evangelisch-reformierten Kirche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Was mich tröstet... Suche nach Trost in aktueller Situation Ist Frage 1 des Heidelberger noch aktuell? Angst ist ein Mythos r e fo r m i e r t 6/2001 November - Dezember 2001 2 . . . . . . . . . reformiert 6/2001 Editorial . . . . . . Liebe Leserinnen und Leser, wenn ich als Kind hinfiel und mir das Knie blutig schlug, dann legte meine Mutter immer ein Stück Zucker auf den Oberschenkel, während sie die Wunde versorgte. Sie nannte es das „Trost- pflaster“, das helfen soll- te, die Tränen zu stillen. Ich schob es meist schnell in den Mund. Mein Bruder ließ es häufig länger lie- gen. „Es tut noch weh. Es hat noch nicht geholfen“, erklärte er dann. Ein Stück Zucker als Trost- pflaster. Mich hat es vom Schmerz abgelenkt und dadurch getröstete. Diese kleine Geste meiner Mutter hat viel bewirkt. Was hat Sie in Ihrem Leben getrös- tet bei kleinem und großem Leid? Ich habe erfahren, dass oft nicht das laute, große Wort hilft, son- dern die angebotene Hand, die Nähe einer vertrauten Person. Wo Worte des Trostes angesichts von Krankheit, Katastrophen und Tod versagen und es keine Erklärung, keine Antwort gibt, war mir die Nähe eines Menschen unerlässlich. Er oder sie vermittelt mir den Trost, der uns allen zugesprochen ist im Leben und im Sterben. Dass unser Gott als Tröster nahe war, habe ich immer wieder erfah- ren. Wache du, Herr, mit denen, die wa- chen oder weinen in dieser Nacht. Hüte deine Kranken, lass deine Müden ruhen, segne deine Ster- benden. Tröste deine Leidenden. Erbarme dich deiner Betrübten und sei mit deinen Fröhlichen. Amen. aus: Evangelisches Gesangbuch, Ausgabe für Bayern und Thüringen, 844.1 Foto: AKG Berlin Nachtgebet des Augustinus Inhalt Aus aktuellem Anlass Leitartikel ............................................................... 3 Brief des Landessuperintendenten an Kirchenräte/Presbyterien und Konsistorien ........... 4 Titelthema Tilman Winkler: „Die Angst ist ein Mythos“ .............. 5 Im große Trostbuch der Christenheit ......................... 6 Nachgefragt .............................................. 7, 8, 9, 12 Gedenken kann Trost bringen ................................. 10 Trauer als Antwort auf Trennung und Tod ................. 11 Gebet der Vereinten Nationen ................................ 13 Nachrichten Kinderkirchentag des Synodalverbandes X ............... 12 Verstreute Reformierte ........................................... 13 Impressum ............................................................ 13 Büchertipps .......................................................... 13 Ausstellung in Emden ............................................ 14 „Brot für die Welt“ - Gottesdienst in Emden ........... 15 Urlaubsmünzen sammeln........................................ 15 Termine ................................................................ 15 Vorschau ............................................................... 15 Andacht Unter Gottes Schutz ............................................. 16 3 reformiert 6/2001 . . . . . . . . . . . . . . . Leitartikel Von Frauke Brauns „Meine Großtante sagte früher: du musst immer eine gepackte Tasche stehen haben mit dem Wichtigsten und Nötigsten“, erzählt Paula Meier. Seit dem 13. September steht im Schlafzimmer ihrer Bremer Wohnung ein gepackter Rucksack. Das Nötigste und Wichtigste sind Do- kumente, die nicht verloren gehen dürfen: ihre Geburtsurkunde, Zeugnisse und Ar- beitsbescheinigungen sowie Sparbücher und Bargeld. Die 48-Jährige hat außerdem warme Kleidung, Medikamente, Hygienear- tikel und Zwieback eingepackt. Sie kaufte sich einen Schlafsack und ein Isomatte. Ne- ben dem Rucksack stehen ihre Wanderschu- he. „Ich brauche nur noch Wasser und Obst einzupacken, die Wanderschuhe anzuziehen und loszugehen – im Ernstfall“, erklärt sie. Wie dieser Ernstfall aussieht, weiß sie nicht. Wohin sie sich wenden will, auch nicht. Es beruhigt sie und gibt ihr Sicherheit, schnell flüchten zu können. „Ich war zwei Wochen nach dem Über- fall auf New York in einem Rockkonzert. Und dann stand ich da und stellte mir vor, wie ein Flugzeug in die Halle stürzt. 10.000 Men- schen auf eine Schlag...“, berichtet Rudolf Berger aus Hannover. „Trotzdem oder gera- de deshalb habe ich das Konzert genossen. Dieses Erlebnis habe ich gehabt.“ Aufgabe der Kirche Zwei Beispiele für die tiefe Verunsiche- rung, die Menschen seit dem Terroranschlag auf die USA am 11. September und seit Be- ginn des „Krieges gegen den Terror“ am 7. Oktober spüren. Ist das gemeint, wenn ge- sagt wird: „Der 11. September hat die Welt verändert?“ Hat sich die Welt wirklich ver- ändert? Soll der Satz über die Verunsiche- rung und Panik hinweg helfen? Hilft er zu bearbeiten, was niemand begreifen kann? Solche Attentate geschehen doch nur in Fil- men, in denen am Ende zur Beruhigung al- ler das Gute oder der Gute siegt. Wo ist der rettende Held in diesem Fall? Nach 56 Jahren relativen Friedens in Teilen Europas und in den USA – also des- sen, was wir die westliche Welt nennen – Seit dem 11. September suchen Menschen Trost und Ausdruck für ihre Angst, Unsicherheit und Verletzlichkeit „Wer will uns scheiden von der unendlichen Liebe Gottes...“ rückt die Bedrohung nahe, die im südlichen Europa, in Südamerika, im Nahen und Fer- nen Osten tägliche Realität ist. Die Zeit der Unschuld ist vorbei, sagen viele. Und wird ersetzt durch eine Zeit des Entsetzens, der Trauer, Rachegedanken, Ver- unsicherung und Verletzlichkeit. Es ist klar geworden, dass die technologie-gläu- bige Gesellschaft auf dünnem Eis steht. Es ist klar geworden, dass Frieden, Gerechtig- keit und Freiheit angreifbare Ideale sind. Amerika galt den Amerikaner als unan- greifbar, vielleicht gar als unverletzlich – eine Illusion, die auch viele andere glaub- ten. Und die nicht wundert: Tatsächlich hat der letzte Krieg auf nordamerikanischem Boden 1860 bis 1865 stattgefunden, und war zudem ein Bürgerkrieg. Auch der Angriff auf Pearl Harbour im Zweiten Weltkrieg ist nicht vergleichbar. In dieser Verunsicherung wenden sich viele Menschen der Kirche zu. Schon in der Nacht des 11. September und wieder nach den ersten Angriffen auf Afghanistan klopf- ten sie an, fanden sich zunächst spontan und dann regelmäßig zu Friedensgebeten zusammen. In Kirchen zündeten Menschen Kerzen an zum Zeichen für ihre Angst. So wurden Kirchen zu Räumen von Nähe, Kon- takt und Kommunikation. Seitdem werden Kirchen genutzt als Räume, in denen Trost gesucht und gespen- det wird. Und damit werden sie wieder zu dem gemacht, was sie sein sollten: Orte, an denen die permanente Nähe Gottes vermit- telt wird und erfahren werden kann. Individueller Trost „Wer kann uns scheiden von der Liebe Gottes...?“ fragt Paulus. In der Verstörung gibt die Bibel vielfältige Worte zum Leben und bietet Ausdruck für Verzweiflung und Angst. In 150 Psalmen zum Beispiel sind Worte für alle Lebenslagen gesammelt, die gefüllt sind mit vielfältigen Lebenserfahrun- gen und allen Emotionen des Lebens. Wo Menschen sprachlos sind, kann die Kirche also Formulierungshilfen geben, Mut und Trost zu sprechen. Jeder Mensch will anders getröstet wer- den. Die Auswahl der Trostworte in der Bi- bel ist groß genug. Nach einem Bittgottesdienst für die Opfer der Terroranschläge in New York und Washing- ton legen Schülerinnen und Schüler Blumen auf den Altarstufen und entzünden Kerzen. Foto: epd-bild 4 . . . . . . . . . reformiert 6/2001 Hintergrund . . . . . . Unter dem nahen Eindruck der Ter- rorakte in New York und Washing- ton schrieb Landessuperintendent Walter Herrenbrück am 20 Septem- ber 2001 an Kirchenräte, Presbyte- rien und Konsistorien der Evange- lisch-reformierten Kirche. Die USA haben inzwischen mit eigenen An- griffen geantwortet. Die Worte des Landessuperintendenten ermuti- gen über den Tag hinaus. Die Bilder von den Fliegern, die wie Raketen in die Hochhäuser einschlagen, sind noch vor Augen und in den Gedanken. Das Leben ist weiter gegangen – und wir sind nachdenklicher geworden. Wir haben erlebt, wozu der Hass fähig ist. Die Kirchen haben sich als Orte erwie- sen, an denen getrauert und gebetet wer- den kann, an denen niemand sich seiner Ratlosigkeit und Hilflosigkeit schämen Brief des Landessuperintendenten an Kirchenräte/ Presbyterien und Konsistorien Kirchen sollen offen stehen und trösten muss. Gemeinsam vor Gott stehen und ihm sein Herz ausschütten, das haben viele Men- schen getan. Viele Kirchen waren offen für Friedensgebete, ökumenische Gottesdiens- te und für ein stilles Gedenken. Dabei ist manchem unter uns bewusst geworden, dass der Anschlag in den USA nur eine Mordtat unter vielen war, die in unse- rer Welt und auf Gottes Erdboden gesche- hen. Gewiss, es bringt nichts, Mordtat mit Mordtat zu vergleichen – und was in New York und Washington geschehen ist, soll nicht relativiert werden. Aber es ist auch nicht verboten, angesichts des 11. Septem- ber sich daran zu erinnern, dass in Afrika in grausamen Kriegen Menschen zu Hundert- tausenden umgekommen sind; dass viele Kinder Hungers sterben, weil die einen im Überfluss festhalten, was die anderen brau- chen. Wir müssen feststellen wie, gefährlich der Mensch ist und wie – allen Friedensbe- mühungen zum Trotz – es immer wieder vor- kommt, dass Menschen Menschen umbrin- gen. Darum wollen wir in unseren Gemein- den nicht nachlassen, für den Frieden zu beten, den Prozess, der Friede, Gerechtig- keit und die Bewährung der Schöpfung be- fördert, nach Kräften zu unterstützen und mit Wort und Tat Nächstenliebe zu zeigen, die auch Andersdenkenden zugute kommt und genügend „Brot für die Welt“ bereithält. In diesen Tagen sagen manche unter uns: „Ich habe Angst.“ (...) Die Gemeinden sollten offen sein, dass diese Angst zur Sprache kommen und mitgeteilt werden kann – in seelsorglichen Gesprächen, in Ge- sprächsgruppen. Kirchen sollten offen ste- hen, damit Menschen hineingehen, und die Angst in den Gottesdiensten Worte und Lie- der findet und vor Gott gebracht worden kann. „In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost ich habe die Welt überwunden“, sagt Jesus – ein Wort, das mir in diesen Tagen oft in den Sinn kommt. Der, der die Welt in Hän- den hält, ist allemal größer und vertrauens- würdiger als die Welt, die uns angst macht. Der Gedanke an IHN, die Hoffnung auf IHN, das Vertrauen in IHN kann die Angst Über- winden. (...) Unsere Gemeinden sollten eine Frie- densbewegung bleiben. Lassen Sie uns dazu beitragen, dass nicht zu schnell und zu leichtfertig vom Krieg geredet wird; das wir Worte wie „Rache“ und „Vergeltung“ ver- meiden, dass wir Politiker darin unterstüt- zen, den Sumpf des Terrorismus trocken zu legen. Dazu gehört, nach den Ursachen des Hasses zu fragen, der viele Menschen er- fasst hat und der sich gegen den Westen im allgemeinen und gegen die USA im beson- deren richtet. Was lässt sich tun gegen den tiefen Graben, den der Hunger zwischen Nord und Süd aufreißt, und der Hass zwi- schen West und Ost? Tragen die Religionen etwa zur Spaltung bei? Versöhnung darf kein Fremdwort wer- den – gerade dann nicht, wenn Hass und Mord so tiefe Spuren hinterlassen haben. „Die Wahnsinnstat Einzelner“, so heißt es in einem Aufruf aus Sachsen-Anhalt, „darf nicht zu einem Bündnisfall militärischer Ver- geltung oder Rache werden. Sie ist ein Bünd- nisfall für die dialogbereite Außenpolitik; sie ist ein Bündnisfall für international abge- stimmten Kampf gegen Terrorismus; sie ist ein Bündnisfall für den gerechten Welthan- del, und sie ist ein Bündnisfall für die be- sonnenen politischen Kräfte.“ Lassen Sie uns in diesem Sinne „um Gottes willen etwas Tapferes tun“ (wie es einmal ein Reformator unserer Kirche gesagt hat). Brennende Kerzen auf dem Altar: Zum gemeinsamen Gedenken an die Opfer des Terror- anschlages am 111. September in New York versammelten sich die lutherische und die re- formierten Gemeinde Ringstedt in der St.-Fabian Kirche. Foto: Görgen Brockbalz 5 reformiert 6/2001 . . . . . . . . . 5 . . . . . . Lebensbild Persönliche Aussagen von Men- schen, die in lebensbedrohlicher Situation Trost gesucht und gefun- den haben, können stärken für den eigenen Umgang mit Angst. Burk- hart Vietzke stellt ermutigende Sätze vom Tilman Winkler zusam- men. Am 10. Januar 2001 starb Tilman Winkler, erst 57 Jahre alt. Viele kannten ihn auf vielfältige Weise: als Prediger in der reformierten Gemeinde Hannover und anderswo, als Musiker, als Karikaturist und als Erzähler lustiger und nachdenklicher Geschichten. Noch mehr Menschen kannten ihn als den herausragenden Sozialethiker der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Er war maßgeblich beteiligt am viel beachteten gemeinsamen Wort der evangelischen und katholischen Kirche zur wirtschaftlichen und sozialen Lage in Deutschland. Tilman Winkler war auch ein Meister der kurzen Form von Andachten, nach seinem Tod veröffentlicht im Lutherischen Verlags- haus Hannover unter dem Titel „Über das Erhabene und was man dagegen tun kann“. „Besoffene Jungfrau“ heißt eine Sammlung von Erzählungen im gleichen Verlag. Woran er zuletzt während seiner Krankheit schrieb, wurde erst nach seinem Tod einem größe- ren Kreis von Freunden bekannt. Er schrieb: „Über meine Angst“. Die Angst vor dem Tod verfolgte ihn seit frühen Kindertagen immer wieder, wie bei vielen und trotz seines Glaubens. Dann tauchte die erste bedrohliche Krankheit auf: „Eine solche Situation war genau das, wo- vor ich mich immer gefürchtet hatte wie ein Straftäter vor dem Galgen: Krebs, begrenz- te Lebenszeit, unerbittlich hintreiben auf das schwarze Loch, den garstigen Abgrund, das Nichts, das Ende des Seins... Und mein christlicher Glaube? Der hatte sich mehr oder weniger aufgelöst in dem Säurebad meiner Angst.“ Was zunächst half, war ein Medikament – ein starkes Beruhigungsmittel. „Schade, dass ich nicht damals schon aus alledem die Lehre zog, dass die Angst ein Mythos ist, eine Lüge im Kopf, die mit mir selbst und der Realität nichts zu tun Ein Geschenk von Oberkirchenrat Tilman Winkler „Die Angst ist ein Mythos“ hat... Angst vor dem Tod ist ein schlechter Ratgeber. Angst vor dem Tod produziert ihre eigene Wahrheit und quält ihre Opfer. Wehe dem, der in ihre Klauen gerät... Befreit wurde ich von meiner Angstneu- rose erst dadurch, dass ich zwei Jahre spä- ter das Sterben meines Vaters erlebte... Hier dominierte – durch die unglaublich ein- drücklichen Erfahrungen mit dem Sterben- den einprägsam vermittelt – die Realität. Da war kein Platz für Hirngespinste. Zwei Mo- nate danach war der Spuk in meiner Seele vorbei. Mein Vater, der gerne Geschenke machte, hatte mir sterbend noch ein Präsent vermacht.“ Dann kam die Diagnose der tödlichen Krankheit. „Meine Frau, die dabei stand, fragte mich danach: ,Und wie fühlst du dich jetzt?’ Da sagte ich: ,Wie vorher’, und meinte es auch so.“ Zwei Sätze waren dem Theologen wichtig geworden: „Die Angst ist ein My- thos“ und „Es gibt so etwas wie eine Lebens- pflicht zur Gelassenheit.“ An seine Freunde und Kollegen schrieb er: „Mit großer Dankbarkeit erlebe ich ge- genwärtig, wie hilfreich sich in diesen schwe- ren Tagen mein heiterer Christenglaube er- weist. Es überrascht mich selbst, weil ich immer dachte, wenn du mal in eine solche Situation kommst, werden das Erschrecken und die Angst größer sein als dein Glaube. Nein, es ist Gott sei Dank doch anders. Ich empfinde jetzt viel Zuversicht, Ge- borgenheit und sogar Gefühle der Dankbarkeit für ein schönes Leben, ja sogar so etwas wie frohen Sinn. Es ist, als ob einem Kraft zuwächst, und man weiß nicht, wo sie herkommt. Es fehlen – zu meinem eige- nen dankbaren Er- staunen – Angst, schwarze Gedanken, Trübsinn, ,Tunnel- blick’, Depression und Humorlosigkeit. Aber es fehlen nicht Krisen, ernste An- spannung und erns- te Besorgnisse und schon gar nicht eine nüchterne Einschät- zung der Lage der Dinge. Ganz ohne Ambivalenz geht es nicht. Ich empfinde eine große Gewiss- heit um die Gegen- wart des guten Hir- ten in meinem Le- ben, der mir so nahe ist, auch im finsteren Tal, und der mir mei- nen Becher voll ein- schenkt. Ich liebe diesen so herrlich vollmundigen 23. Psalm und halte mich an ihm fest.“ Das Manuskript ist datiert vom 17. No- vember 2000. Burkhart Vietzke ist Chefredakteur des epd- Hannover Bei langen Sitzungen juckte es ihn in den Fingern. Dann schnappte sich Oberkirchenrat Tilmann Winkler einen Stift und zeichnete Kari- katuren. Foto: epd-bild 6 . . . . . . . . . reformiert 6/2001 Hintergrund . . . . . . Gesangbuch: Lied 664 Das Evangelische Gesangbuch ent- hält in vielen Rubriken Lieder, die Trost spenden können. Alfred Rau- haus beschäftigt sich mit Lied 664. Im vorherigen Gesangbuch gab es eine Abteilung unter der Überschrift „Gott- vertrauen, Kreuz und Trost“. Sie enthielt 45 Lieder. Im neuen Evangelischen Gesangbuch taucht eine solche Rubrik nicht mehr auf. Trostlieder gibt es dennoch. Sie stehen heute unter der Überschrift „Angst und Ver- trauen“ und „Geborgen in Gottes Liebe“. Auch in der Rubrik „Sterben und ewiges Le- ben“ finden sich Trostlieder, zum Beispiel EG 532 von Jochen Klepper. Das Gesangbuch ist neben den Psalmen der Bibel das große Trostbuch der Christenheit. Ein Lied wollen wir näher betrachten. Es ist ein Trostlied, obwohl das Wort „Trost“ in ihm gar nicht erscheint: Lied 664. Friedrich Karl Barth hat es 1985 geschrieben, die Me- lodie ist von Peter Janssens, 1985. Lebensbewegung „Wir strecken uns nach dir, in dir wohnt die Lebendigkeit. Wir trauen uns zu dir, in dir wohnt die Barmherzigkeit. Du bist, wie du bist: Schön sind deine Namen. Halleluja. Amen. Halleluja. Amen.“ Das ist die erste Strophe. Sie fängt an mit der Lebensbewegung des Trost suchen- den Menschen. Er streckt sich aus nach Gott, der alleine wirklich trösten kann. „Wir stre- cken uns nach dir“. Das ganze Lied ist Anre- de an Gott, ein inneres Sich auf ihn ausrich- ten, zu ihm hin bewegen. Das Lied ist nicht in der „Ich“-Form gehalten, sondern im „Wir“. Der Trost suchende Mensch ist nicht allein. Es gibt viele, die Trost brauchen. Er ist in die Gemeinschaft der trostbedürftigen Menschen gestellt. Niemand ist allein mit seiner Angst. Er darf wissen: Es gibt auch andere, die mit mir nach Gott rufen. Die trostbedürftigen Menschen stre- cken Gott ihre leeren Hände, ihre leeren Herzen entgegen. Ihnen ist das Leben abhanden gekommen. Das bloße physische Dasein ist noch kein Leben. So strecken sie sich aus nach Gott, der die Quelle alles Le- bens ist: „... in dir wohnt die Lebendigkeit“. Doch: Darf ein Mensch, so wie er ist, sich Gott überhaupt nahen? Wer Trost braucht, fragt nicht mehr so. Er entwickelt Im großen Trostbuch der Christenheit Sehnsucht nach Gott eine besondere, re- spektgebietende Unver- schämtheit. Er wagt sich zu dem Gott hin, weil er auf Gottes Barmherzig- keit vertraut: „Wir trau- en uns zu dir, in dir wohnt die Barmherzig- keit.“ Wer sich zu Gott hinwendet, ruft sich in Erinnerung, wer dieser Gott ist. Er ist unwandel- bar immer derselbe, ist Barmherzigkeit, Liebe, Güte. Das sind seine Na- men. Als Mose vor dem Angesicht Gottes stand, rief er aus: „Herr, Herr, Gott, barmherzig und gnädig und geduldig und von großer Gnade und Treue.“ (2. Mose 34, 6) So schön sind die Na- men Gottes. Weil die Menschen, die sich nach Gott ausstrecken, des- sen inne geworden sind, kann schon die ers- te Strophe des Liedes in einen Lobpreis ein- münden: Halleluja! Die Bekräftigung tritt hinzu: Amen – das ist wahr und gewiss. Innere Bewegung Die zweite Strophe ist etwas besonde- res: „Wir öffnen uns vor dir, in dir wohnt die Wahrhaftigkeit.“ Das ist eine ganz beson- dere innere Bewegung, in der ein Mensch sich vor Gott öffnet – und vielleicht auch vor Mitmenschen. Wer sich zu Gott hinwendet, tritt hinein in sein Licht, in den Glanz seiner Wahrheit. Wir werden uns zu Gott hin öff- nen, weil das Licht seiner Wahrheit uns er- leuchtet. Die Strophe fährt fort: „Wir freu- en uns an dir, in dir wohnt die Gerechtig- keit.“ Dass Gott gerecht ist, ist den Singen- den Grund zur Freude. Denn sie wissen aus dem Wort der Bibel, dass Gottes Gerechtig- keit nicht vernichtet, sondern rettet. Das Christusgeschehen ist dafür Beweis und Siegel. Darum kann auch hier die Strophe in den Lobpreis münden: „Du bist, wie du bist: Schön sind deine Namen. Halleluja. Amen. Halleluja. Amen.“ In diesem Lied wird ein innerer Weg ge- gangen: Aus der Ferne von Gott, die unsere Trostlosigkeit ausmacht, strecken wir uns nach ihm aus, öffnen uns zu ihm hin. Aber wir bleiben nicht fern, sondern gelangen in seine Nähe. Davon spricht die dritte Stro- phe: „Wir halten uns bei dir.“ Die singende Menschenschar ist bei ihrem Gott, ihrem Trost, angekommen. Zu ihm hält sie sich, von ihm weiß sie sich gehalten. Denn: „In dir wohnt die Beständigkeit.“ In Gottes Nähe gelangen Der trostbedürftige Mensch lebt in dem Gefühl, dass ihm die ganze Welt zerbricht, dass ihm jeder Halt entsinkt. Bei Gott findet er Beständigkeit, Halt, Geborgenheit. Dar- um können die singenden Menschen nun von dem Gefühl ihres Herzens reden: „Wir sehnen uns nach dir...“ Sehnsucht nach Gott – das ist zunächst eine befremdliche Vorstel- lung. Doch die Hinwendung zu Gott ge- schieht nicht nur im Kopf; sie ist eine ganz- heitliche Bewegung des Herzens, sie ist eine Bewegung der Sehnsucht. „In dir wohnt die Vollkommenheit“, singt das Lied. Eine Voll- kommenheit der Güte, der Hilfe, der Gnade. Eine Vollkommenheit, die nicht erschreckt, sondern zum Ziel bringt. Darum auch hier wieder der Abgesang, der von der Schönheit Gottes spricht und von dem Lobpreis, den die Begegnung mit Gott hervorruft. 7 reformiert 6/2001 . . . . . . . . . . . . . . . Nachgefragt Dr. Annette Heitmann-Schmitz, Celle Ich brauche Trost in Einsamkeit, bei Verlusterlebnissen, Misserfolgen und bei Beziehungsproblemen. Eine Hilfe ist mir hier die tägliche Bibellese und die persönliche Beziehung zu Jesus Christus. Ich muss nicht immer stark, mutig und fröhlich sein. Denn mein Herr trägt mich – auch wenn ich seine Wege nicht immer verstehe. Siegfried Schiewe, Wienhausen Die schönen Dinge, die man im Leben hat, kommen vom Herrn, es kommen auch andere Dinge von ihm. Ich weiß nicht, warum Ereignisse passieren, die mir nicht gefallen, aber ich habe die Gewissheit, den Herrn von Angesicht zu Angesicht zu sehen. Das ist mir ein großer Halt und Trost. Maren Köhler, Buchholz Ich brauche Trost, wenn ich mich einsam oder persönlich angegriffen fühle. Wichtig sind mir dann Freunde, die mir zuhören und mich verstehen können. Eine Hilfe ist es auch mich von Gott geliebt zu wissen. Brigitte Weber, Celle Ich suche Trost, weil sich ein mir sehr vertrauter Mensch schon vor längerem von Gott abgewandt hat. Wenn ich beim Beten für ihn hoffnungslos werden will, hilft mir das Wort: „Ich lasse dich nicht, du segnest mich denn.“ (1. Buch Mose 32,27) Trost finde ich in dem festen Glauben, dass auch dieser Mensch ein Geschöpf Gottes ist, der nicht fahren lässt das Werk seiner Hände. Stephanie Dummin, Celle Bei dem Tod eines geliebten Menschen merke ich immer wieder, dass ich Trost brauche. Oft tut es dann gut, mit einem Vertrauten darüber sprechen zu können. Manchmal bleibe ich aber auch allein, höre geistliche Musik oder reagiere mich beim eigenen Musizieren ab. Fotos (5): Andreas Flick Wann brauchen Sie Trost? Wo finden Sie Trost? Wie sieht dieser Trost aus? Fortsetzung von Seite 6 Ohne das Wort „Trost“ ein einziges Mal zu gebrauchen, hat Friedrich Karl Barth in diesem Lied in Worte gefasst, was uns Men- schen im Innersten unseres Herzens bewegt. Er bringt mit ganz neuen Worten die Trost- bedürftigkeit unseres Daseins zum Aus- druck, seine ihm zutiefst innewohnende Sehnsucht. Er spricht im Kehrvers von der Erfahrung des Glaubens, der bei Gott zum Ziel kommt. Die Melodie von Peter Janssens nimmt die Lebensbewegung, die in diesem Lied zur Sprache kommt, angemessen auf. Es ist eine Melodie voll Sehnsucht und zugleich voll Gewissheit. Dr. Alfred Rauhaus ist Theologischer Rat der Evangelisch-reformierten Kirche. 8 . . . . . . . . . reformiert 6/2001 Heidelberger Kathechismus . . . . . . Ende August dieses Jahres traf sich das Pre Kirchengemeinde Celle in Marwede, um ein von der Landeskirche vorgegebene Frage zu te „Gibt es ein Lernpensum?“ Spontanes Ei ser-Vater-Gebets, des Apostolischen Glaub Umstritten dagegen war, ob auch die Frage gegebenen Lernpensum gehört. Doch dieM Presbyter sprach sich dafür aus. Einige von Statement ab, warum ihnen die Frage 1 des bzw. warum die Konfirmandinnen und Konf sollen. Hanno Köhler, Celle Die Frage 1 des Heidelberger Katechismus gibt mir Geborgenheit bei Angst und Gefahr. Sie gibt mir Zuversicht für mein alltägliches Tun. Sie gibt mir Hoffnung für das Ende meiner Zeit. Ist Frage 1 sinnv Lernpensum für und Konfirmande Dr. Eckart Braun, Celle Die Frage 1 ist für den Konfirmanden sicherlich ein hartes Brot, zunächst schwer verständlich und auch gegen die Erfahrungen, die er bisher eventuell im Familienverband oder im Freundeskreis gemacht hat. Nach Klärung der Begriffe Sühne/Schuld, Erlösung/Blut Christi, Befreiung aus der Gewalt des Teufels, Heiliger Geist, kann die Zusicherung Christi – ähnlich wie in Psalm 23 angesprochen – gerade auch in Krisensituationen eines jungen Lebens zu einem tiefen Vertrauen führen und Trost spenden. Wichtig ist, die Jugendlichen davon zu überzeugen, dass sie mit ihren Fragen und Problemen zu diesem und anderen Texten nicht allein sind, sondern dass sie in die große Schar der Christen eingebunden sind und vor allem bei schwierigen, schwer verständlichen Texten Rat und Hilfe von anderen annehmen dürfen. Heidelberger Kate- chismus im Nach- druck der Jubilä- umsausgabe von 1938 Repro: Burkhart Vietzke 9 reformiert 6/2001 . . . . . . . . . . . . . . . Heidelberger Kathechismus esbyterium der Evangelisch-reformierten nen Visitationsbericht zu erstellen. Eine um Bereich Konfirmandenunterricht laute- inverständnis gab es hinsichtlich des Un- ensbekenntnisses und der Zehn Gebote. 1 des Heidelberger Katechismus zum vor- Mehrheit der Celler Presbyterinnen und n ihnen geben auf dieser Seite ein kurzes s Heidelberger Katechismus wichtig ist firmanden diese Frage auswendig lernen Hannelore Machlit, Eschede Für mich ist die Frage 1 besonders in schweren Stunden wichtig, denn sie zeigt, dass es sich lohnt, den Weg mit Jesus Christus zu gehen. Fotos (4): Andreas Flick voll als Konfirmandinnen en? Heidelberger Kate- chismus in der revi- dierten Ausgabe der Evangelisch-re- formierten Kirche, der Lippischen Lan- deskirche und des Reformierten Bun- des von 1997 Repro: Frauke Brauns Anke Henschel, Marwede Die Frage hat mich schon als Konfirmandin angesprochen. Warum sie mir gefällt, kann ich eigentlich gar nicht genau erklären. Ich freue mich immer, wenn ich sie im Gottesdienst höre. 10 . . . . . . . . . reformiert 6/2001 Volkstrauertag . . . . . . Auf dem Soldatenfriedhof Futa- Pass zwischen Florenz und Bolo- gna erinnern sich jedes Jahr am Volkstrauertag Menschen an die Gefallenen des Zweiten Weltkrie- ges. Henning Goeden schildert Eindrücke und Empfindungen. Volkstrauertag, wie jedes Jahr: Gemeinsam ziehen italienische Carabinieri und deutsche Bundeswehrsoldaten, italie- nische und deutsche Protestanten und Katholiken hinauf zum Mahnmal am Futa- Pass, 40 Kilometer nördlich von Florenz. Hier, auf dem größten Soldatenfriedhof Italiens, wo die ehemalige Linea Gotica, die letzte deutsche Verteidigungslinie, verlief, liegen mehr als 32.000 Gefallene der ehemaligen Wehrmacht begraben. Gemeinsame Erinnerung: Verfeindetes Gestern trifft friedliches Heute, Soldaten treffen Zivilisten, Katholiken treffen Protes- tanten, Endlichkeit trifft Ewigkeit. Nach der Kranzniederlegung durch den Presseat- tache der deutschen Botschaft Rom und seiner Gedenkrede im Namen der Bundes- republik Deutschland feiern wir den Gottes- Feier am Volkstrauertag auf dem italienischen Soldatenfriedhof Futa- Pass Gedenken kann Trost bringen dienst mit dieser so vielschichtigen Gemein- de, im gemeinsam gesprochenen zweispra- chigen Unser-Vater vereint. Immer wieder werden auch heute noch in der Umgebung des Futa-Passes gefallene Soldaten gefunden und auf dem Friedhof bestattet. So auch im vergangenen Sommer: Mit militärischen Ehren – unter Teilnahme von Vertretern des italienischen Staates und des Regionalfernsehens, mit Vertretern der Kir- chen und dem nationalen Befehlshabers der deutschen Luftwaffe beim NATO Hauptquar- tier in Vicenza –, wurden drei unbekannte Soldaten, gefallen im Oktober 1944, beige- setzt. Die Zeremonie war bemerkenswert. Freiwillige einer Luftwaffendivision der Bun- deswehr, die im Arbeitseinsatz die Gräber pflegten, führten sie durch. Im Zentrum der Zeremonie standen das Ritual im Gedenken an die Gefallenen und die Predigt, nicht militärische Schau. Deutsche Soldaten repräsentierten die Werte Völker- verständigung, Aufarbeitung, Friedenssiche- rung. Wie wichtig und tief wirkend für die jun- gen Soldaten nicht nur diese Zeremonie, son- dern der gesamte Arbeitseinsatz war, zeig- ten die nachfolgenden Gespräche. Sie waren bestimmt waren von der Bereitschaft zur Auseinandersetzung mit unserer jüngsten Geschichte und deren aktuellen Folgen. Was bedeutet „Kollektivverantwor- tung“? Was heißt es heute deutscher Staatsbürger – und besonders deutscher Staatsbürger in Uniform – in einem geein- ten Europa zu sein? Welche Rolle spielen heute christliche Grundwerte? Gibt es eine allgemein verbindliche Weltanschauung überhaupt noch? Kann man Frieden mit Waffengewalt verteidigen? Oder muss man es sogar manchmal? Der leitende Oberst i.G., Verantwortlicher für die nationalen Ein- sätze im Kosovo, und die jungen Soldaten zeigten sich mir als ernste und nachdenkli- che Gesprächspartner. Im Ausstellungsraum der Gedenkstät- te können Besucher des Friedhofs ihre Ein- drücke in ein Buch einschreiben: „Lieber Vater, wir haben dich wiedergefunden. Vielleicht kannst du uns sehen. Wie schön wäre es gewesen, dich als lebenden Vater zu haben. Leider nicht so geworden.“ Ein Soldat schrieb darunter: „Nicht verstehen zu wollen, was hier passiert ist, das heißt blind sein. Möge uns unser Verstand helfen. Lavoro per la pace!“ Henning Goeden ist reformierter Pastor und zur Zeit als Auslandspfarrer der Evan- gelischen Kirche in Deutschland in Florenz. Die Pflege der Kriegsgräberstätte Futa-Pass finanzieren Mitglieder des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge und Spenden. Repro: Frauke Brauns 11 reformiert 6/2001 . . . . . . . . . . . . . . .Trauer und Trost Trauer – ein Prozess ohne Ende? Wie lange kann Trauer dauern und wodurch wird sie beendet? Was folgt auf Trauer? Fragen, mit denen sich Karl W. ter Horst beschäftigt. Im Sucher der Kamera betrachte ich die Gruppe, als hinter mir jemand Fremdes fragt: „Für welche Modezeitschrift arbeiten Sie?” In dem Moment sehe ich, wie gelöst die Gesichter der Frauen unter ihren Strohhüten sind. Doch gegen den Anschein ist das Leben der Frauen, die sich an einem Strand der Costa Brava zum Foto gruppieren, bedrückt von Trauer und Leid, manchmal einge- schnürt von auswegloser Depression. Vor drei Jahren entstand die Idee, Wit- wen und Witwer, Menschen nach dem Ver- lust ihrer Lebenspartner, zusammenzufüh- ren. Daraus wurde eine Gruppe, die bibli- sche und alltägliche Themen behandelte, sich Filme ansah und Ausflüge machte. Ei- nige Frauen und Männer luden die Gruppe, die inzwischen auf mehr als 20 Personen angewachsen war, zu Kaffee und Kuchen oder zu einer gemütlichen Grillrunde an ei- nem lauen Sommerabend ein. Kleinere Un- tergruppen und Freundschaften bildeten sich. Es erstanden auf neuartige Weise Ge- meinschaft, Vertrautheit und Nähe. Es ge- schah auf fast geheimnisvolle Weise eine Öffnung von Raum und Zeit im Loslassen der gewohnten Umgebung und Tagesabläufe, was in bestimmten, manchmal sehr schmerzlichen Lebensabschnitten nötig ist, um zu überleben und zu leben. Besonders haben das die Frauen und Männer der Gruppe gespürt, die nun schon zwei Mal nach Spanien gefahren sind. Besonders in einem anderen Land und un- ter zunächst unbekannten Menschen keimt das Gefühl eher auf, dass mit einem Neues geschieht. Es sind neue Schritte in alten Spuren, weil man ja auch viel Bekanntes, zum Beispiel das Singen von Liedern, das Erzählen von Erinnerungen, miteinander macht. Aber es entstehen auch neue Schrit- te, die neue Spuren verursachen: Besonders die älteren Frauen erleben Landschaften, Kulturen, Lebenszusammenhänge, die ihnen früher völlig fremdartig waren. Und nun spü- ren sie, dass auch in der Fremde Menschen leben, die ähnlich leiden wie sie, aber auch das Glück verspüren können, das Gott ihnen tagtäglich schenkt. Trauer gehört zu unserem Leben als die natürliche Antwort auf Trennung und Tod. Aus Trauer kann Depression werden durch die Ansammlung trauriger Ereignisse im Lau- fe der Zeit. So wie Steine, die sich vor uns Menschen aufbauen, zu schwarzen Granit- platten werden, die wachsen und wachsen, so dass am Ende das Schwarze überwiegt. Das ganze Leben ist schließlich überschat- tet von diesen schwarzen Steinen. Steine, die sich aufreihen wie übergroße Domino- steine in einer langen Reihe, labyrinthhaft. Und wo sich der Mensch, der nun zwischen diesen Steinen existiert, nur deswegen auf- recht halten kann, weil er immer noch hofft, dass ein Weg hinausführt aus dem Laby- rinth, durch die Lücken zwischen den auf- recht stehenden Dominosteinen. Man möch- te hindurchschlüpfen. Wenn er hindurchkommt, wird er glau- ben, er wäre auf „Wolke Sieben”. Doch oft genügt ein kleiner Anstoß, um die Domino- kette ins Wanken geraten zu lassen, die gan- ze Kette bricht ineinander. Dann gibt es kei- nen Ausweg mehr aus dem Labyrinth der Verzweiflung. Der Raum ist geschlossen. Der Mensch befindet sich im Dunkeln, im Schat- ten des Todes, – so die wörtliche Überset- zung des hebräischen Begriffs für „Finster- nis” in Jesaja 9,1. Menschliche Nähe spiegelt Gottesnähe Was wird der Mensch versuchen, wenn er überhaupt noch die Kraft hat, etwas zu unternehmen? Er wird versuchen, die Stei- ne beiseite zu schieben, um zu entkommen. Der Einzelne allein kann es nicht schaffen. Er bedarf der Hilfe. „Gott hilf mir”, hören wir ihn flehen. Doch warum verhallt ein solches Rufen nach Gott so oft ungehört? Braucht auch Gott Verbündete? Ja, er braucht sie. Um dies aller Welt zu demonstrieren, hat Jesus gelebt. Gottes Hilfe kann nur wirksam wer- den in Verbindung mit einer menschlichen Gemeinschaft in Christus. Nicht nur als professionelle Helfer, son- dern als Menschen. So wie Jesus, der eben kein Startherapeut war, sondern der schlich- te Menschensohn an unserer Seite. Die Men- schen spürten: Darin flammt der Geist Got- tes auf, und der sprengt ihre inneren Gefäng- nisse. Keiner braucht mehr allein den schwe- ren Granitstein nach oben zu stemmen. Sie können sich an die Hände fassen und den Weg gemeinsam finden aus dem Labyrinth der Verzweiflung. Hilft Gott, so helfen auch die Menschen, und fast möchte man sagen, das gilt auch Eine Gruppe von Menschen, die ihre Lebenspartner verloren haben, entdeckt in Spanien gemeinsam neue Lebensenergie. Foto: Karl W. ter Horst Trauer gehört zu unserem Leben als Antwort auf Trennung und Tod Aufbruch aus dem Todesschatten 12 . . . . . . . . . reformiert 6/2001 Nachrichten . . . . . . umgekehrt: Helfen gläubige Menschen, hilft auch Gott. Das ist die lebendige Verbindung, die zwischen Gott und den Menschen be- steht. Die Wege aus dem Labyrinth sind vor- gezeichnet. Es sind Wege des Lebens in der menschlichen Gemeinschaft, wenn wir uns die Hände untereinander reichen können und die ausgestreckte Hand Gottes ergrei- fen. Dann wird mancher Stein zur Seite ge- schafft, und der Weg in den offenen Raum ist frei. Wir haben dort im Norden Spaniens, in Katalunien, in einem kleinen Dorf von 1800 Einwohner gelebt. Dieser Ort hat eine gro- ße, sehr alte katholische Kirche. Mittlerweile sind wir gut bekannt mit der Gemeinde dort, und der katholische Pfarrer hat uns sehr freundlich eingeladen zu kommen. Im Got- tesdienst der Gemeinde haben die Frauen und ich einige Lieder vorgesungen. Später bin ich gebeten worden, am darauf folgen- den Sonntag in dieser Kirche in spanischer Sprache zu predigen. So entstehen unerwartete Zusammen- hänge, Kontakte: Während des gemeinsam veranstalteten ökumenischen Gottesdiens- tes in der katholischen Kirche in Nordspani- en meldeten sich Katalaninnen, die in Deutschland die Frauen besuchen wollten. Neue Schritte, die neue Spuren verursachen, aber die alten werden in der neuen Zeit und in den neu geöffneten Räumen nie verwischt werden. Karl W. ter Horst ist Pastor in Schüttorf, Psychologe und Autor des Buches: „Wie Jesus die Seele heilt - Psychologie des Evangeliums“. Es ist im Publik-Forum-Verlag erschienen. Nachgefragt Friedrich Bünecker, Osnabrück Wenn man schon längere Zeit in einem Altenheim wohnt und über das Wort „Trost“ nachdenkt, merkt man, wie schwer trösten sein kann. Man sollte es nicht glauben, dass das Trösten oft nicht angebracht ist, vor allem mit der so oft gebrauchten Redenwendung: „Es wird schon wieder.“ Aber, wie kann man trösten? Immer wieder muss ich feststellen, dass das Streicheln in den meisten Fällen positive Wirkung zeigt, dass Streicheln tröstet. Dieses wissen auch die Schwestern. Wie oft habe ich schon beobachtet, dass sie sich dieses Mittels bedienen. „Herr, unsere Erde ist nur ein kleines Gestirn im großen Weltall. An uns liegt es, daraus einen Planeten zu machen, wo Geschöpfe nicht von Kriegen gepeinigt werden, nicht von Hunger und Flucht, nicht zerrissen sind in sinnlose Trennungen nach Rasse, Hautfarbe oder Weltanschauung. Gib uns den Mut und die Voraussicht, schon heute zu handeln, damit unsere Kinder und Kindeskinder später einmal mit Stolz den Namen Mensch tragen.“ Gebet der Vereinten Nationen Bei einem Tag im Kloster Möllenbeck tummelten sich am 8. September zirka 80 Kinder aus Celle, Hameln, Hannover, Hildesheim, Möllenbeck und Rinteln auf den Spuren der früheren Klosterwohner. Als Annäherung an das Thema fertigte jedes Kind sich zu Beginn eine Kutte an. In den Mönchskutten begrüßten die Kinder dann die Mönche der anderen Gemeinden. In Kutten versuchten sie durch Sprünge, die Klostermauern ins Wanken zu bringen, in Kut- ten gingen sie zu einer Andacht (Stundenge- bet). Der Abt zeigte ihnen als weitgereisten Mönchen das Kloster. Es wurde ihnen wäh- rend eines Suchspiels vertraut. In den klos- tereigenen Werkstätten – im Skriptorium, in der Salbenmischerei, im Kräutergarten oder in der Lederwerkstatt – arbeiteten sie sich in besondere Techniken ein. In Kutten lauschten sie schließlich der spannenden Geschichte von den vier Mön- Kinderkirchentag des Synodalverbandes X in Kloster Möllenbeck Gemeinsam sind wir stark chen, die meinten, einer könne auf den an- deren verzichten und nur die eigene Auf- gabe sei wirklich wichtig, und wie die Ab- tissin des Rintelner Klosters sie – nach ei- nem Ausschnitt aus einem Paulusbrief – ei- nes Besseren belehrte. Die Kutten durften die Kinder nach Hause mitnehmen, um sich zu einem spä- teren Zeitpunkt wieder in Mönche zu ver- wandeln oder um an diesen Tag zurück zu denken. Gemeinschaft war Thema dieses Kin- derkirchentages. Gemeinschaft zeigte sich auch schon während der Vorbereitung, an der aus jeder Gemeinde eine Gruppe mit- gewirkt hatte. Die gastgebende Gemeinde in Möllenbeck hatte vor Ort alles sorgfältig geplant. So haben viele beigetragen, die- sen Tag einladend und fröhlich zu gestal- ten. Elisabeth Griemsmann Im Scriptorium, in der Schreibstube des Kloster, fertigten die Kindermönche Briefe an. Foto: Roland Trompeter 13 reformiert 6/2001 . . . . . . . . . 13 Axel Bargheer, Pastor der evangelisch- reformierten Gemeinde Melle, ist vom Moderamen der Gesamtsynode mit der Vertretung der Pfarrstelle für „Verstreute Reformierte“ beauftragt worden. Die Beauftragung gilt für die Zeit des Erziehungsurlaubes von Frauke Kabuth, der Pastorin für „Verstreute Reformierte“ bis 2002. Axel Bargheer ist unter folgender An- schrift zu erreichen: Bleichweg 7, 49324 Melle, Telefon: (0 54 22) 22 25. Verstreute Reformierte Vertretung . . . . . . Nachrichten Impressum ..... reformiert ist die Mitgliedszeitung der Evange- lisch-reformierten Kirche (Synode ev.-ref. Kir- chen in Bayern und Nordwestdeutschland) für alle verstreuten Reformierten und wird an diese kostenlos verteilt. reformiert kann aber von al- len interessierten Leserinnen und Lesern bezo- gen werden. Wenden Sie sich an: Herausgeber: Evangelisch-reformierte Kirche (Synode ev.-ref. Kirchen in Bayern und Nordwestdeutschland) Verantwortlich für den Inhalt: Jann Schmidt (js), Saarstraße 6, 26789 Leer, Tel. 0491 / 9198-0, Fax 0491 / 9198-240 E-Mail: pschmidt@reformiert.de Redaktionsbeirat: Axel Bargheer, Klaus Bröhenhorst, Susanne Eggert, Andreas Flick, Walter Herrenbrück, Jann Schmidt, Burkhart Vietzke Redaktion und Layout: Frauke Brauns (fra) Postfach 10 07 42, 33507 Bielefeld Telefon: (05 21) 2 70 39 30, Fax: 2 70 39 33, E-Mail: redaktion@frauke-brauns.de Internet: www.frauke-brauns.de Druck und Vertrieb: Druckerei A. Bretzler, Boltentorstraße 36, 26721 Emden Auflage: 43.500 Exemplare Kontonummer für Spenden: Evangelisch-reformierte Kirche, Konto-Nr. 90 60 08 bei der Sparkasse Leer-Weener (BLZ 285 500 00). Für Ihre Spende erhalten Sie eine Spendenquittung. Redaktionsschluss für reformiert 1/2002: 1. Dezember 2001 Erscheinungstermin der nächsten Ausgabe: 30. Dezember 2001 Das Chorprojekt „Singen im Moor“ für die verstreuten Reformierten in der Evangelisch- reformierten Kirche fand zum zweiten Mal in der Werkstatt Wegwende in Freistatt statt. Aus Bad Pyrmont, Hannover, Melle, Bad Essen und Sulingen kamen insgesamt neun Sängerinnen, um ein Wochenende intensiver Chorarbeit mitzugestalten, zu der die Pastorinnen Heike Parschat (Bad Pyrmont) und Ulrike Bargheer (Melle) eingeladen hatten. Unter der bewährten Leitung von Kir- chenmusikerin Ulrike Groeneveld standen dieses Mal „Gospels und Spirituals“ auf dem Programm. Bearbeitungen von „Freedom is Coming”, „Heaven is a wonderful place” Wieder „Singen im Moor“ der verstreuten Reformierten Gospels und Spirituals oder „This little light of mine” stehen für die rhythmischen Glaubenslieder. Als ein be- sonderes Erlebnis empfanden die Teilneh- merinnen den Konzertbesuch der Gospel- messe „Mass of Joy“ von Ralf Gössler, die am Samstagnachmittag in der Nienburger St. Martinsgemeinde aufgeführt wurde. Traditionell wird das Wochenende durch die musikalische Mitgestaltung eines Got- tesdienstes in der näheren Umgebung ab- geschlossen. Die Sängerinnen boten den verstreuten Reformierten im Gottesdienst in Barnstorf eine kleine Auswahl aus dem Pro- gramm des Wochenendes dar. Nach einem gemeinsamen Kirchenkaffee verstreuten sich alle wieder nach Hause. Bärbel Bächlein Mit dem Thema „Trost im Heidelberger Katechismus“ beschäftigte sich der Reformierte Bund auf seiner Hauptversammlung im März 2000 in Dresden. Nun hat das Moderamen eine Dokumentation der Tagung herausgegeben. Dokumentation Sie gibt im ersten Teil die biblischen Impulse zur Frage nach dem einzigen Trost im Leben und im Sterben wieder. Im zweiten Teil folgen die beiden Referate zum Thema „Trost und Trostlosigkeit im Heidelberger Katechismus“. Und im dritten Teil dokumentiert der Reformierte Bund verschiedene Berichte, die auf der Hauptversammlung erstattet wurden. fra Wer sich für die Dokumentation inter- essiert, kann sich an die Geschäftsstelle des Reformierten Bundes, Vogelsangstr. 20, 42109 Wuppertal, Telefon: (0202) 75 51 11, Fax: (02 02) 75 42 02, E-Mail: reformiert.bund@wtal.de Unter dem Titel „Bibliothek und Reformation“ hat Christoph Strom jetzt Vorträge herausgegeben, die im Jahr 2000 in der Johannes a Lasco Bibliothek in Emden gehalten wurden. Sie behandeln Aspekte der Geschichte des frühen reformierten Protestantismus. fra Christoph Strom (hg), Bibliothek und Reformation, Miszellen aus der Johannes a Lasco Bibliothek Emden, Foedus-Verlag, Wuppertal 2001, 196 Seiten, 29,80 Mark. Vorträge Büchertipps 14 . . . . . . . . . reformiert 6/2001 Ausstellung . . . . . . Vom 17. November 2001 bis zum 2. Januar 2002 wird in der Johan- nes a Lasco Bibliothek Emden die Ausstellung Daniel Chodowiecki (1726-1801) – Ein hugenottischer Künstler und Menschenfreund in Berlin gezeigt. Andreas Flick führt in das Thema ein. Mit einer Gedenkausstellung aus Anlass seines 275. Geburtstages und seines 200. Todestages würdigen die Deutsche Hugenotten-Gesellschaft, das Deutsche Hugenotten-Museum in Bad Karlshafen, die Französische Kirche zu Berlin und die Johannes a Lasco Bibliothek in Emden in Zusammenarbeit mit dem Museum Mitte von Berlin den Zeichner und Radierer Daniel Nikolaus Chodowiecki. Gezeigt werden rund 200 zeitgenössische Originale des Berliner Künstlers hugenottischer Abstammung. Inhaltliche Schwerpunkte der Präsentation sind das familiäre Umfeld, die hugenottisch- reformierte Prägung Chodowieckis und seine Einbindung in die Französische Kirche zu Berlin. Daniel Nikolaus Chodowiecki ent- stammte einer reformierten Danziger Fami- lie. Er wurde am 16. Oktober 1726 in Danzig geboren und starb in Berlin am 7. Februar 1801. In jungen Jahren ging er nach Berlin und erlernte dort als Autodidakt die Email- lemalerei und später das Radieren von Kup- ferplatten. Als Illustrator von Büchern der deutschen Klassik und Romantik, sowie als Zeichner und Stecher des Berliner Alltags war Chodowiecki schon zu Lebzeiten be- kannt und berühmt. Weniger bekannt ist, dass Daniel Chodowiecki in der Französi- schen Kirche zu Berlin, der Hugenottenkir- che, eine wichtige Rolle als ehrenamtlicher, engagierter Mitarbeiter gespielt hat. Als Daniel Chodowiecki 1801 nach ei- nem arbeitsreichen Leben starb, hinterließ Werke von Daniel Chodowiecki (1726 bis 1801) in Emden zu sehen Ein hugenottischer Künstler und Menschenfreund er ein umfangreiches künstlerisches Werk, das bis zum heutigen Tag nicht vollständig katalogisiert ist. Der Künstler des kleinen Formats, wie er sich selbst bescheiden genannt hat, konn- te unter anderem mit seinem Leben und künstlerischen Schaffen die verbindenden Elemente zwischen Polen und Deutschen, sowie zwischen Deutschen und Franzosen herausstellen. Der ebenfalls aus Danzig stammende Schriftsteller und Begründer einer Daniel-Chodowiecki-Stiftung Günter Grass hat als heutiges Berliner Akademie- mitglied mit Recht darauf hingewiesen, dass Chodowiecki ein wahrer Europäer gewesen sei. Die Chodowiecki-Ausstellung wurde zunächst im Uphagen-Museum in Danzig gezeigt, so dass auch die europäische Be- deutung Chodowieckis gewürdigt werden konnte. Nach Bad Karlshafen und Berlin ist die Ausstellung nun zum Abschluss in Em- den zu sehen. Ein umfangreiches Begleitbuch zur Aus- stellung mit Katalog und Aufsätzen ist in der Reihe der Geschichtsblätter der Deutschen Hugenotten-Gesellschaft erschienen: Ursula Fuhrich-Grubert und Jochen Desel (Hg.), Daniel Chodowiecki (1726-1801). Ein hugenottischer Künstler und Menschen- freund in Berlin, Verlag der Deutschen Hu- genotten-Gesellschaft, Bad Karlshafen 2001, ISBN 3-930481-14-6, 39,80 Mark. Die Ausstellung ist während der Öff- nungszeiten der Johannes a Lasco Bibliothek Große Kirche Emden, Kirchstraße 22, zu se- hen: Di. bis Fr. von 11 bis 18 h; Sa. von 11 bis 13.30 h und von 14.30 bis17 h; So. von 14.30 bis 17 h; am 24., 25. und 31. Dezember bleibt die Bibliothek geschlossen. Andreas Flick ist Pastor der Evangelisch- reformierten Kirchengemeinde in Celle und Schrifleiter der Zeitschrift „Hugenotten“. Ausschnitt aus den Bild „Sechs Damen und der sitzende Künstler von 1758. Repro: Andreas Flick 15 reformiert 6/2001 . . . . . . . . . . . . . . . Vermischtes Vorschau Die nächste Ausgabe von reformiert erscheint am 30. Dezember 2001. Sie hat das Schwerpunktthema „Fasten“. Einsende- schluss für Manuskripte und Fotos ist der 1. Dezember 2001. Im Rahmen der redaktionellen Bearbei- tung behält die Redaktion sich vor, Manus- kripte und Leserbriefe zu kürzen. Ein An- spruch auf Veröffentlichung unaufgefordert eingesandter Manuskripte besteht nicht. Termine Synode Die Synode des Synodalverbandes X beschäftigte sich am 26. Oktober in Hannover mit „Fragen des Zusammenlebens von Christen und Muslimen in Europa und im Nahen Osten“. Den Vortrag hielt Andreas Rieck, Mitarbeiter des Deutschen Orientinstituts in Hamburg. In Leipzig Erich Loest ist am 14. November ab 15 Uhr zu Gast im Literarischen Café der Evangelisch-reformierten Gemeinde zu Leipzig. Eine Bachkantate zum Mitsingen steht im Mittelpunkt des Gottesdienstes am 18. November ab 10 Uhr. Gesungen wird die Kantate „Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit“. Dazu beginnt am Sonnabend um 15 Uhr eine Probe im Gemeindesaal der Evangelisch-re- formierten Kirche. „Iran – Land der Gegensätze – spannen- de Geschichte, verwirrende Gegenwart“ ist der Titel des Reiseberichtes von Wilma und Hans-Jürgen Sievers, der am 29. November um 19 Uhr im Gemeindesaal beginnt. Jubiläum Eine Jubiläumsveranstaltung zum 75- jährigen Bestehen und Wiederaufbau der Osnabrücker Friedenskirche vor 50 Jahren findet am 23. November statt. Professor Ger van Roon (Amsterdam) hält den Festvortrag über das Thema „Der deutsche Kirchenkampf als Motor des nieder- ländischen kirchlichen Wider-standes.“ Die Veranstaltung beginnt um 20 Uhr im Gemeindehaus der Friedenskirche, Klöntrupstraße. Mit einem Fernsehgottesdienst in der ARD wird am 1. Advent die neue Aktion von „Brot für die Welt“ eröff- net. Auf Einladung des Diakoni- schen Werkes und der Kirchenlei- tung der Evangelisch-reformierten Kirche wird der diesjährige zentrale Eröffnungs-Gottesdienst aus der Jo- hannes a Lasco Bibliothek in Em- den übertragen. Die Predigt hält Landessuperintendent Walter Her- renbrück (Leer). “Auf eigenen Füßen” heißt das Motto des Gottesdienstes. Brot für die Welt” erinnert damit an die Grundsätze seiner Arbeit. Hilfe zur Selbsthilfe ist das Ziel aller Projekte, die das Stuttgarter Hilfswerk in Afrika, Asien und Lateinamerika durchführt. Als Beispiel für diese Form der kirchli- chen Entwicklungshilfe wird ein von „Brot für die Welt“ in Ghana gefördertes landwirt- schaftliches Projekt im Gottesdienst vorge- stellt. Dr. Livingston Buama, Moderator der Evangelical Presbyterian Church in Ghana und Robert Nti, Leiter des landwirtschaftli- chen Beraterzentrums in Dambei, werden „Auf eigenen Füßen...“ das Projekt erläutern. Vom Fernsehen übertragene Gottes- dienste werden vom Bläservorspiel über die Länge des Fürbittengebetes bis zur Kame- raführung während der Predigt minutiös vorbereitet. Die Übertragung erfordert eine Anpassung der reformierten Liturgie an Seh- und Hörgewohnheiten. Neben dem Landes- superintendenten sorgen daher Mitglieder des Emder Kirchenrats bei den Lesungen und dem Fürbitten-Gebet für stimmliche Ab- wechslung. Um der Internationalität von „Brot für die Welt“ gerecht zu werden, wird ein afri- kanischer Gospelchor neben einem Bläser- ensemble unter Leitung von Landesposau- nenwartin Helga Hoogland den Fernseh- Gottesdienst am 1. Advent musikalisch um- rahmen. Seit Monaten wird im Diakonischen Werk der Evangelisch-reformierten Kirche an der Vorbereitung des Gottesdienstes und der sich anschließenden zentralen Eröff- nungsveranstaltung gearbeitet. Die Planun- gen werden mit der Zentrale von „Brot für die Welt“ in Stuttgart und dem Kirchenrat der gastgebenden Gemeinde in Emden ko- ordiniert. Die Reihe der Ehrengäste aus Politik, Kirche und Wirtschaft führt Bundespräsi- dent Johannes Rau an. Er nimmt auf Einla- dung des Landessuperintendenten am Got- tesdienst teil. Familienministerin Christine Bergmann vertritt die Bundesregierung und wird in der zentralen Eröffnungsveranstal- tung für das Kabinett sprechen. Pfarrer Jür- gen Gohde, Präsident des Diakonischen Werkes der Evangelischen Kirche in Deutschland, und Cornelia Füllkrug-Weitzel, Direktorin von „Brot für die Welt“, vertre- ten das Stuttgarter Hilfswerk. js „Brot für die Welt“ eröffnet neue Aktion in Emden Poster „Brot für die Welt“ Durch den Euro verlieren im kommenden Jahr die deutsche und viele ausländische Währungen ihren Wert. Für seine Hilfsprojekte möchte „Brot für die Welt“ gern im Urlaub übriggebliebene Münzen und Scheine nutzen. Einige Kirchen- gemeinden sammeln diese in besonderen Spendenboxen. Restwährungen können auch direkt an „Brot für die Welt“, Stichwort Euro, Staff- lenbergstr. 76, 70184 Stuttgart geschickt werden. Urlaubsmünzen sammeln 16 . . . . . . . . . reformiert 6/2001 Postvertriebsstück DPAG Entgelt bezahlt H 12178 F Evangelisch-reformierte Kirche (Synode ev.-ref. Kirchen in Bayern und Nordwestdeutschland) Synodalrat, Saarstraße 6, 26789 Leer Zum Thema: Psalm 91 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Unter Gottes Schutz Wer unter dem Schirm des Höchsten sitzt und unter dem Schatten des Allmächtigen bleibt, der spricht zu dem Herrn: Meine Zuversicht und meine Burg, mein Gott, auf dem ich hoffe. Denn er errettet dich vom Strick des Jägers und von der verderblichen Pest. Er wird dich mit seinen Fittichen decken, und Zuflucht wirst du haben unter seinen Flügeln. Seine Wahrheit ist Schirm und Schild. Dass du nicht erschrecken musst vor dem Grauen der Nacht, vor den Pfeilen, die des Tages fliegen, vor der Pest, die im Finstern schleicht, vor der Seuche, die am Mittag Verderben bringt. Wenn auch tausend fallen zu deiner Seite und zehntausend zu deiner Rechten, so wird es doch dich nicht treffen. Ja, du wirst es mit eigenen Augen sehen und schauen, wie den Gottlosen vergolten wird. Denn der Herr ist deine Zuversicht, der Höchste ist deine Zuflucht. Es wird dir kein Übel begegnen, und keine Plage wird sich deinem Hause nahen. Denn er hat seinen Engeln befohlen, dass sie dich behüten auf allen deinen Wegen, dass sie dich auf den Händen tragen und du deinen Fuß nicht an einen Stein stoßest. Über Löwen und Ottern wirst du gehen und junge Löwen und Drachen niedertreten. „Er liebt mich, darum will ich ihn erretten; er kennt meinen Namen, darum will ich ihn schützen. Er ruft mich an, darum will ich ihn erhören; ich bin bei ihm in der Not, ich will ihn herausreißen und zu Ehren bringen. Ich will ihn sättigen mit langem Leben und will ihm zeigen mein Heil.“