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11. Ostdeutschland
Im heutigen Ostdeutschland zeigen sich zwei verschiedene
Entwicklungen.
Die Entwicklung im Fürstentum Anhalt ähnelt einigen bisher beschriebenen
Weisen der reformierten Konfessionalisierung. In mehreren kleineren Etappen
wird die Reformation bis 1545 eingeführt. Innerhalb der lutherischen
Lehrstreitigkeiten nach Luthers Tod tendiert Anhalt zur melanchthonischen
Richtung. Und ab 1580 setzt das Fürstenhaus, das auch mit der Pfalz
und dem Haus Oranien verbunden ist, den allmählichen Übergang
zum Reformiertentum durch. Wichtigster Theologe ist Wolfgang Amling, der
das "Anhalter Bekenntnis" (1579) verfaßt hat. 1603 wird
das Fürstentum geteilt. Ab 1644 setzt das Fürstenhaus Anhalt-Zerbst
eine Re-Lutheranisierung dieses Landesteils durch.
In Brandenburg hingegen verläuft die reformierte Konfessionalisierung
anders. Der Kurfürst Johann Sigismund von Brandenburg vollzieht am
Weihnachtsfest 1613 seinen Übertritt zur reformierten Konfession.
Aber anders als in fast allen anderen Regionen betrifft dieser Übertritt
nicht das gesamte Territorium, sondern nur das Herrscherhaus und seine
engere Umgebung. Das Kurfürstentum selber bleibt lutherisch. Damit
ist der Grundsatz "cuius regio eius religio" durchbrochen. Die
Gründe dafür, daß der Kurfürst nicht von seinem Land
verlangt, reformiert zu werden, sind nicht ganz deutlich. Wird auf der
einen Seite die Toleranz Johann Sigismunds hervorgehoben, so steht auf
der anderen Seite die Vermutung des politischen Kalküls.
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Kurfürst
Sigismund
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1614 erscheint die einige reformierte Akzente hervorhebende
"Confessio Sigismundi", die für die Reformierten Brandenburgs
verbindliches Bekenntnis wird. Es entstehen bis zum Tode Sigismunds im
lutherischen Brandenburg ungefähr zwanzig reformierte sogenannte
Hofgemeinden mit Hofpredigern (z.B. in Crossen, Köpenick, Landsberg
und Kolberg). Das Vorhandensein dieser Gemeinden und des reformierten
Herrscherhauses haben dann dazu geführt, daß nach 1685 zahlreiche
vor allem hugenottische Glaubensflüchtlinge nach Brandenburg kamen.
Die ehemals reformierten Hofgemeinden bestehen z.T. als reformierte Gemeinden,
z.T. vereinigt mit lutherischen als evangelische Gemeinden in der "Evangelischen
Kirche von Berlin-Brandenburg" weiter.
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