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Lektion 2: Das Markusevangelium
1. Die Person des Verfassers
2. Die Adressaten
3. Die Situation der Entstehung
4. Der Aufbau
Grobgliederung
Feingliederung
Die Zeloten
Die Sadduzäer
Wichtige Texte
5. Theologische Grundgedanken
Die Person
des Verfassers
Gemäß altkirchlicher Tradition war Markus
ein Schüler des Petrus, der das von diesem verkündigte Evangelium
niederschrieb. Nach älterer Überlieferung ist dies nach dem
Tod des Petrus erfolgt, während jüngere Autoren, offenbar, um
die Autorität des Markusevangeliums zu stärken, die Entstehung
des Werkes in die Zeit vor dem Tod des Petrus verlegen.
In der Zeit vor der Aufklärung stand das Markusevangelium an Bedeutung
hinter dem Matthäusevangelium weit zurück, denn 1. Es galt als
Werk eines Apostelschülers, nicht eines Apostels; 2. Es erschien
gegenüber dem Matthäusevangelium unvollständig und von
geringerem sachlichen Gewicht. So wurde das Matthäusevangelium erstmals
bereits durch Origenes (180-254) kommentiert, das Markusevangelium jedoch
erheblich später, nämlich erstmals durch Hieronymus (347-419).
Immerhin kennt es Irenäus von Lyon (zweite Hälfte 2. Jhdt.)
bereits als zum Kanon gehörig; Origenes kommt in seinem Matthäuskommentar
auch auf abweichende markinische Darstellungen zu sprechen.
Grundlage der späteren altkirchlichen Tradition ist das in seiner
Deutung umstrittene Papiasfragment II 15: "Markus, der Dolmetscher
des Petrus, hat alles, dessen er sich erinnerte, genau aufgeschrieben,
freilich nicht der (richtigen) Reihe nach - das, was vom Herrn sei es
gesagt, sei es getan worden war; er hatte nämlich weder den Herrn
gehört noch war er ihm nachgefolgt. Später aber ... (folgte
er) dem Petrus, der seine Lehrvorträge den Bedürfnissen entsprechend
gestaltete, jedoch nicht, um eine zusammenhängende Darstellung
der Herrenworte zu geben, so dass Markus nicht falsch handelte, als
er einiges so aufschrieb, wie er sich erinnerte. Denn für eines
trug er Sorge, nichts von dem, was er gehört hatte, auszulassen
oder darunter etwas Unwahres zu berichten." (bei Euseb, historia
ecclesiastica 3,39,15; Übersetzung A. Lindemann, H. Paulsen, Die
Apostolischen Väter. Griechisch-deutsche Parallelausgabe, Tübingen
1992, 295).
Nach heutiger wissenschaftlicher Sicht ist zu sagen:
Wir kennen den Autor nicht. Vielleicht hieß er tatsächlich
Markus; dieser Name war in der damaligen Zeit weit verbreitet. Das Markusevangelium
ist wie viele Zeugnisse jüdischer Literatur anonym überliefert.
Die Petrustradition dominiert in dem Evangelium keineswegs.
Der Verfasser gilt zumeist als Heidenchrist, d.h. als jemand, der vor
seiner Bekehrung zum christlichen Glauben nicht dem Judentum angehörte.
Die Adressaten
Dass Markus sein Evangelium an Heidenchristen schreibt,
ist deutlich: Er erklärt jüdische Gebräuche für nichtjüdische
Leser (Mk 7,3f.), und er übersetzt aramäische Ausdrücke
ins Griechische (Mk 7,34: Hephata etc.).
Wo sind die Adressaten geographisch zu suchen? Wir wissen es nicht wirklich.
Einiges spricht für das schon in altkirchlicher Tradition genannte
Rom: Der Begriff "Syrophönizierin" (Mk 7,26) ist nur da
nötig, wo man die damit bezeichnete Person von einer "Phönizierin"
(in der Gegend des ehemaligen Karthago) unterscheiden muss. Die Währungsumrechnung
2 Lepta = 1 Quadrans (Mk 12,42) ist im Osten unnötig, in Rom sinnvoll.
Der Rat, von Judäa aus in die Berge zu fliehen (Mk 13,14), ist unsinnig,
denn entweder fiel man den Römern oder den aufständischen Juden
in die Hände. Vom wirklichen Geschehen in Judäa hatte der Verfasser
von 13,14-19 offenbar keine Ahnung. Andererseits wird die rasche Rezeption
durch Matthäus und Lukas am ehesten verständlich, wenn das Markusevangelium
ebenfalls im Osten des römischen Reiches entstanden ist. Doch ist
auch dies kein zwingendes Argument, wie das häufige Hin und Her von
Briefen und von Reisenden innerhalb des römischen Reiches erweist
(Paulus und seine Mitarbeiter!).
Wann ist das Evangelium geschrieben? Aufgrund von Mk 13,2 und Mk 13,14
nimmt man zumeist die Entstehung während des Jüdischen Krieges
an (66-73 n. Chr.), am ehesten kurz nach der Zerstörung des Jerusalemer
Tempels.
Die Situation der Entstehung
- Jesus ist nicht mehr leibhaft anwesend, und er kommt nicht so schnell
wieder wie erwartet.
- Die innere Situation der Gemeinde ändert sich: Es kommen Heiden
hinzu (Mk 13,10; 14,9).
- Die christlichen Missionare stoßen auf Unverständnis,
Ablehnung. Die Gemeinde wird verfolgt (Soziale Diskriminierung, Martyrium
i.S. des Gewalttodes um Jesu willen; vgl. Mk 8,34-38; 13,9-13).
Was muss in einer solchen Situation eine Schrift
leisten, die Jesu Leben, Wirken und Sterben für die Gemeinde beschreiben
will?
- Sie muss dem christlichen Gläubigen vergewissern, dass er auf
dem richtigen Weg ist.
- Sie muss Jesu Weisung aktualisieren, auch in neue Situationen hinein:
- in die Situation längerfristiger Lebensverhältnisse
(Mk 10)
- in die Situation einer aus Juden und Heiden gemischten Gemeinde
(Mk 2,1-3,6)
Unter diesen Gesichtspunkten ist auch
der Aufbau des Markusevangeliums zu beschreiben. "Der Verfasser
verstand zu komponieren". (Ulrich von Wilamowitz-Moellendorf)
Die Forschungsgeschichte zum Markusevangelium kennt Gliederungen nach
geographischen und nach theologischen Gesichtspunkten. Im Fall der geographischen
Gliederung liegt die wichtigste Zäsur vor Mk 11,1: Zuvor ist Jesus
in Galiläa (Mk 1 - 9) bzw. auf dem Weg nach Jerusalem (Mk 10), dann
ist er in Jerusalem, das er nur einmal, zu seinem Todespassa betritt.
Nach theologischen Kriterien liegt die wichtigste Zäsur nach Mk 8,26:
Nunmehr erkennen die Jünger Jesus als den Christus (Mk 8,27-30),
und Jesus spricht unverhüllt von seinem bevorstehenden Leiden (Mk
8,31-33). Dass die theologische Zäsur vor der geographischen liegt,
hat seinen eigenen Sinn: Jesus weiß um sein Leiden, bevor es kommt.
Dieses Vorherwissen hat für den Leser die tröstende Funktion,
dass er auch sein Leiden um Christi willen als in Gottes Willen beschlossen
erkennen kann.
Grobgliederung
1,1-15 |
|
Jesus ist der von Gott Gesandte |
1,16-8,26 |
|
Jesu Vollmacht als Grund christlicher
Existenz |
1,16-3,6 |
|
Die Vollmacht Jesu als Legitimation
der Gemeinde |
3,7-6,6a |
|
Die unterschiedlichen missionarischen
Erfahrungen der Gemeinde |
6,6b-8,26 |
|
Das Unverständnis der Jünger |
8,27-16,8 |
|
Jesu Leidensweg als Norm christlicher
Existenz |
8,27-10,52 |
|
Jesu Weisungen für die Zeit nach
Ostern |
11 - 12 |
|
Letzte Auseinandersetzungen in Jerusalem
um Jesu Vollmacht und um Fehlverhalten wie Fehldeutung seiner Gegner |
13 |
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Jesu Endzeitrede als Vorausblick auf
die kommende Zeit der Gefährdungen |
14,1-16,8 |
|
Jesus leidet, stirbt und wird wieder
auferweckt |
|
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(vermutlich nachträglich zugefügter
Schluss: 16,9-20 Erscheinungen Jesu) |
Feingliederung
1,1-15
zeigt: Jesus ist der von Gott Gesandte.
1,1 Anfang des Evangeliums von
Jesus Christus (Die Worte "des Sohnes Gottes" sind vielleicht
erst später hinzugesetzt.)
1,2f. Ankündigung in der Schrift
1,4-8 Ankündigung durch die lebendige Prophetie
1,9-11 Bestätigung durch Gott selbst in der Himmelsstimme
1,12f. Bewährung des so Angekündigten
1,14f. Jesu Predigt von der nahen Gottesherrschaft: Zusammenfassung
seiner Verkündigung
1,16-8,26
Jesu Vollmacht als Grund christlicher Existenz
1,16-3,6
Die Vollmacht Jesu als Legitimation der Gemeinde
1,16-45: Jesu Vollmacht
erweist sich in seinen Heilungen
1,16-20: Berufung der ersten vier
Jünger. Missionarischer Auftrag der Kirche im berufenden Handeln
Jesu begründet
1,21-28 In Jesus ist die Heilszeit
da; zu ihren Kennzeichen gehört die Entmachtung der Dämonen
(1,24!)
1,29-31 Heilung der Schwiegermutter
des Petrus
1,32-34 weitere Heilungen in Kapernaum
1,35-39 Jesu Auftrag besteht im Heilen
und im Predigen, über die Grenzen von Kapernaum hinau
1,40-45 Heilung eines Aussätzigen
2,1-3,6 Jesu Stellungnahme zu ethischen und rituellen
Fragen des Judentums ist die Grundlage geltenden Rechtes für eine
aus Juden- und Heidenchristen gemischte Gemeinde
2,1-12
Jesus heilt. Das beweist seine Vollmacht, in 2,13-3,6 den Sonderweg der
christlichen Gemeinde zu normieren
2,13-17 Jesus wendet das Heil des
Gottes Israels den Ausgestoßenen seines Volkes zu
2,18-22 Jesus nimmt die Zeit der mit
seiner Person anbrechenden Gottesherrschaft von dem Fastengebot aus
2,23-28 Jesus regelt die Sabbatpraxis
neu
3,1-6 Jesus definiert, was am Sabbat
geschehen sollte: Leben ermöglichen
3,7-6,6a Die unterschiedlichen
missionarischen Erfahrungen der Gemeinde
3,7-35 Gemeinde Jesu hält
zu Recht Gemeinschaft mit Jesus und gehorcht seinem Wort.
3,7-12 Zulauf des Volkes.
3,13-19 Berufung der zwölf Jünger
Die Zahl zwölf verweist auf die Zahl
der Stämme Israels und unterstreicht den Anspruch Jesu, ganz Israel
für die in seiner Person anbrechende Gottesherrschaft zu sammeln.
Frage zur Weiterarbeit:
Welchen Sinn hat die Anordnung von Mk 3,13-19 nach dem Todesbeschluss
Mk 3,6?
3,20f. Jesus
und seine Familie
3,22-30 Streit um die Grundlage des
Wunderhandelns Jesu
3,31-35 Neudefinition der Familie
Jesu
3,31-35 mahnt ursprünglich dazu, Gottes
Willen zu tun. Im neuen markinischen Kontext dient es aber zugleich apologetischen
Zwecken: Diejenigen, die um Jesus herumsitzen und sein Wort hören,
sind diejenigen, die Gottes Willen tun, die Vorwürfe von 3,22-30
sind haltlos.
4,1-34
Gleichnisrede Jesu
Diese "reflektiert zunächst das
Thema des Hörens (Gleichnis vom Sämann, 'Parabeltheorie', Deutung
des Gleichnisses) und redet dann vom Wesen des Gottesreichens" (K.-M.
Bull, Bibelkunde, 27).
4,35-41
Jesus ist bei den Seinen auch in ihrer Angst
Der Sturm ist Bild für Lebensbedrohung.
5,1-6,6a Jesus wird teilweise angenommen,
zumeist jedoch abgelehnt
5,1-20 Heilung des besessenen Geraseners
5,21-43 Auferweckung der Tochter des
Jairus und Heilung der blutflüssigen Frau
6,1-6a Verwerfung Jesu in Nazareth
(Verwerfung in Nazareth heißt nicht
Verwerfung durch ganz Israel, denn in 6,30-44 sind Israeliten wieder da,
als ob der Vorfall in Nazareth vergessen wäre. Auch zieht sich Jesus
nicht zurück, sondern verstärkt mit der Aussendung der Jünger
seine Aktivität).
Frage zur Weiterarbeit:
Welchen Sinn hat die Anordnung der Gleichnisrede Mk 4 vor den Erzählungen
Mk 5,1-6,6a? Beachten Sie besonders Mk 4,13-20 einerseits, Mk 5,17.40;
6,1-6a andererseits!
6,6b-8,26
Das Unverständnis der Jünger
6,6b-29 Jesus bleibt seinem Auftrag treu, obwohl
er ihn in den Tod führen wird
6,7-13
Aussendung der Jünger
6,14-29
das Ende des Täufers als Vorverweis auf das Geschick Jesu und der
Jünger
6,30-56 Die Jünger vertrauen nicht der Macht
Jesu
6,30-44
Rückkehr der Jünger, Speisung der Fünftausend
6,45-52 Seewandel
6,53-56 Summarium
über Jesu heilendes Wirken
Die Speisungs- und die Seewandelgeschichte sind
bei Markus unter der Perspektive erzählt, dass die Jünger nicht
erfassen, wer Jesus in Wahrheit ist (das sog. Jüngerunverständnismotiv
in 6,52); diesem Unverständnis gegenüber hebt 6,53-56 Jesu helfende
Macht hervor.
7,1-30 Die
Jünger verstehen die Konsequenzen aus Jesu Wirken nicht
7,1-23
Rein und Unrein; 7,24-30 die Syrophönizierin
Die Heidenmission wird geschichtlich begründet
in der Zuwendung Jesu auch an Heiden, theologisch gerechtfertigt durch
die Erkenntnis, dass nicht rituelle, sondern ethische Verfehlung den Menschen
von Gott trennt (7). Matthäus und Lukas bieten andere, wiederum in
sich divergierende Begründungen für das Recht der Heidenmission.
Historisch läßt sich daraus schließen, dass von dem irdischen
Jesus keine eindeutige Stellungnahme dazu vorlag.
7,31-8,26 Die Jünger verstehen nicht,
dass in Jesus Gott handelt
7,31-37
Heilung eines Taubstummen (7,37a: "Er hat alles wohl gemacht")
8,1-10
Speisung der Viertausend
8,11-13
Zeichenforderung: Die Pharisäer verlangen von Jesus einen sichtbaren
Beweis dafür, dass Gott in ihm handelt
8,14-21
Die Jünger werden vor der Haltung der Pharisäer und des Herodes
gewarnt. Sie verstehen nicht, dass in Jesus Gott am Wirken ist (vgl. das
Zitat von Jer 5,21 in 8,18)
Der Kontext von Jer 5,21 fragt, ob Israel denn
nicht vor seinem Gott erschrecken, ihn nicht als Gott anerkennen will.
8,22-26
Heilung eines Blinden
Frage zur Weiterarbeit:
Zweimal findet sich im Markusevangelium die Abfolge Jüngerunverständnis
- Blindenheilung (Mk 8,14-21/8,22-26 und Mk 10,35-45/10,46-52). Welchen
Sinn hat diese Anordnung?
8,27-10,52 Jesu
Weg als Norm christlicher Existenz - Jesu Weisungen für die Zeit
nach Ostern
8,27-33 Petrusbekenntnis und erste Leidensankündigung:
Weil die Jünger Jesus jetzt als Messias erkannt haben, kann er ihnen
gegenüber nunmehr unverhüllt von seinem Leiden sprechen.
8,34-38 Worte von der Kreuzesnachfolge
Frage zur Weiterarbeit:
Welchen Sinn hat die Anordnung der Worte zur Kreuzesnachfolge nach der
ersten Leidensankündigung?
9,1: Die Gottesherrschaft kommt gewiss
9,2-10: Durch eine Himmelsstimme (vgl. schon
1,11) wird Jesus als Gottessohn bestätigt. Der Nachsatz "den
sollt ihr hören" hält die Verbindlichkeit der Worte Jesu
für seine Gemeinde fest.
Frage zur Weiterarbeit:
Worauf ist die Bestätigung der Gottessohnschaft Jesu durch die
Einfügung dieser ursprünglich selbständigen Erzählung
an seiner jetzigen Stelle im Markusevangelium bezogen?
9,11-13 : Jesus und der wiederkommende Elia:
Dass Jesus leiden muss, widerspricht nicht seiner Messianität
9,14-29 Die Heilung des epileptischen Jungen
Frage zur Weiterarbeit:
Im heutigen Markusevangelium antwortet die Erzählung auf die
Frage: Wie sind in der Zeit nach Jesu Tod Wunder möglich?
9,30-32 Zweite Leidensankündigung
9,33-50 Markinische Gemeinderegel: die scheinbaren und die
wirklichen Grenzen (in) der Gemeinde
10,1 Aufbruch nach Judäa
10,2-12 Jesu Stellungnahme gegen die Ehescheidung.
Das Wort der Thora Dtn 24,1-4, das die Bedingungen
für eine rechtsgültige Ehescheidung festlegt, gilt lediglich
als Zugeständnis an die menschliche Herzenshärtigkeit.
weitere biblische Texte zu den Themen Sexualität, Ehe und Ehescheidung:
Hld; Ex 20,14; Lev 20,10-21; Mt 5,27-32; 1 Kor 7,1-16; Kol 3,18-21; Eph
5,22-33.
10,13-16 Die Kinder in der Gemeinde
10,17-31 Gefahren des Reichtums und Verheißung an die
Jünger
Jesus zitiert aus den zehn Geboten, dem Dekalog
(Mk 10,19).
Jünger des irdischen Jesus zu sein, bedeutete Gemeinschaft im Dienst
der Verkündigung der Gottesherrschaft und Gemeinschaft des Schicksals,
auch Ablehnung zu erfahren. Doch auch für ehemalige Heiden bedeutete
der Eintritt in die christliche Gemeinde die weitgehende Loslösung
von wirtschaftlichen und sozialen Bindungen und dementsprechend gesellschaftliche
Isolation.
weitere biblische Texte zum Thema Reichtum: Mi 2,1-5; 3,1-4.9-12; Jak
5,1-6; Lk 16,19-31; Apg 9,36 u.a.
10,32-34 Dritte Leidensankündigung
10,35-45 Vom Herrschen und Dienen in der Gemeinde
10,46-52 Heilung des blinden Bartimäus
11-12 Letzte
Auseinandersetzungen in Jerusalem um Jesu Vollmacht und um Fehlverhalten
wie Fehldeutung seiner Gegner
11,15-19 Tempelaktion und Todesbeschluss
Vgl. bereits Jer 7; Jer 26.
11,20-26 Worte vom Glauben
11,27-33 Vollmachtsfrage
Wer das Wirken Johannes des Täufers bejaht,
kann auch das Wirken Jesu nicht ablehnen.
12,1-12 Das Gleichnis von den bösen Weingärtnern
Der Weinberg ist Metapher für Israel (vgl.
schon Jes 5,1-7). Die Geschichte Israels wird hier einseitig unter dem
Aspekt des Ungehorsams vornehmlich der führenden Repräsentanten
Israels gegenüber den Propheten und Jesus subsumiert (vgl. schon
Neh 9,26).
12,13-17 Die Frage nach dem Recht der Kaisersteuer
Christliche Gemeinde grenzt sich von den Zeloten
ab, die die Römer mit Waffengewalt aus dem Heiligen Land vertreiben
wollen.
Weitere biblische Texte zu den
Themen "Macht und Gewalt, staatliche Ordnung": 2 Sam 7,13f.;
Ri 8,22f.; Dtn 17,14-20; Dan 4,22.29; Röm 13,1-7; 1 Tim 2,1-2; 1
Pt 2,13-17; ApkJoh 13 u.a.
Die Zeloten. Nach Josephus (der bedeutendste
jüdische Geschichtsschreiber; 37-ca. 100 n. Chr.) ist diese Religionspartei,
jünger als die drei anderen (Pharisäer, Sadduzäer und
Essener), durch einen Galiläer namens Judas i.J. 6 n. Chr. gegründet
worden, als Judäa wieder direkt der römischen Verwaltung unterstellt
wurde. Von den Anhängern dieser Partei bemerkt Josephus, dass sie
"in allen anderen Stücken mit den Pharisäern übereinstimmen,
dabei aber mit großer Zähigkeit an der Freiheit hängen
und Gott allein als ihren Herrn und König anerkennen" (Josephus,
Antiquitates 18,23). In Lk 6,15 wird "Simon, der Eiferer genannt
wird", zum Kreis der zwölf Jünger gezählt (die Bezeichnung
"Eiferer" hat in Mk 3,18 keine Parallele). Die Christen scheinen
aber nach allem, was wir wissen, keine positiven Kontakte zu den Zeloten
gehabt zu haben. Josephus bezeichnet die Zeloten (wohl polemisch vereinfachend)
als die Hauptschuldigen an der Katastrophe der Zerstörung Jerusalems
im Jahre 70 n. Chr.
Abbild und Beschreibung einer Münze mit Tiberius. Der hier abgebildete
Silberdenar ist einer von nur drei Denarformen, die Kaiser Tiberius
während seiner 23 Jahre dauernden Herrschaft hat prägen lassen.
Die Münze zeigt auf der Vorderseite den Kaiser, bekränzt mit
dem Lorbeerkranz als dem Zeichen göttlicher Würde; die Inschrift
lautet: Ti(berius) Caesar Divi Aug(usti) Fi(lius) Augustus (Kaiser Teberius,
des göttlichen Augustus erhabener Sohn). Auf der Rückseite
sitzt auf einem Götterthron die Kaiserinmutter Livia, das Zepter
in der rechten Hand, in der linken einen Ölzweig, der Livia als
Inkarnation des himmlischen Friedens ausweist.
Frage zur Weiterarbeit:
Was musste einem frommen Juden schwer erträglich erscheinen?
12,18-27 Jesus bekennt sich zu der in der
Thora bezeugten Hoffnung auf die Auferstehung der Toten
Seine Haltung stimmt hierin mit den Pharisäern
gegen die Sadduzäer überein (vgl. Apg 23,9)
Weitere biblische Texte zum
Thema:
Jes 26,19; Dan 12,2; 1 Thess 4,13-18; 1 Kor 15; 2 Kor 5,1-10 u.a.
Die Sadduzäer. Der Name "Sadduzäer",
erstmals in Mk 12,18 belegt, leitet sich ab von dem Priester Zadok,
der zur Zeit Davids und Salomos wirkte (vgl. 2 Sam 8,17 u.ö.).
Ihr Ursprung ist nicht zweifelsfrei zu ermitteln; Josephus erwähnt
sie erstmals zur Zeit der Regierung des Makkabäers Jonathan (161-143),
führt sie aber als eine damals bereits bekannte Größe
ein. Sie erlebten eine wechselvolle Geschichte: Unter Johannes Hyrkan
I. (135 -104 v. Chr.) begünstigt, geraten sie unter Salome Alexandra
(76-67 v. Chr.) vor allem in Opposition zu den Pharisäern. Unter
Herodes d. Gr. (37-4 v. Chr.) blieb ihr Einfluss weiterhin eingeschränkt,
wenngleich aus ihren Reihen einige der von Herodes in schneller Folge
ein- und abgesetzten Hohenpriester hervorgingen. In der Phase der direkten
Unterstellung Jerusalems und Judäas unter römische Herrschaft
(6 - 41 und 44-70 n. Chr.) gewannen sie innerhalb der von Rom gesetzten
Grenzen nochmals an Macht und Einfluss, während der Untergang des
Tempels i.J. 70 n. Chr. ihnen die theologische und auch die materielle
Basis entzog.
Josephus schreibt über ihre Lehren u.a.: Die Lehre der Sadduzäer
läßt die Seele mit dem Körper zugrundegehen und erkennt
keine anderen Vorschriften an als das Gesetz (= 1.- 5. Mose). ... ihre
Anhänger sind nur wenige, doch gehören sie den besten Ständen
an." (Josephus, Antiquitates 18,16f.). Sie sind also Angehörige
und Parteigänger der Jerusalemer Priesteraristokratie und kennen
(vielleicht abgesehen von den kultischen Bereichen) keine normativ ebenbürtige
Weiterentwicklung der Thora. Dass sie die Auferstehung der Toten leugnen,
ist nicht mit griechischer Skepsis, sondern ebenfalls mit ihrem Rückbezug
ausschließlich auf die Thora zu begründen.
Zur Jesusbewegung bestanden soziologische und theologische Differenzen:
Sofern es historisch zutrifft, dass Jesus die Bindung des Israeliten
an seine Person höher gewichtet hat als diejenige an den Tempel,
waren ihr theologisches Fundament und ihre materielle Basis in Frage
gestellt. Ferner konnte Jesus (vgl. Mk 11,9f. 15f.) als Gefahr für
den mühsam errungenen Ausgleich zwischen jüdischen und römischen
Interessen angesehen werden.
12,28-34: Das Doppelgebot der Liebe
Historisch richtig, aber apologetisch pointiert
ist Jesu bleibende Verwurzelung im Judentum gezeichnet: Die Zustimmung
des Schriftgelehrten zu Jesu Stellungnahme zeigt aus der Sicht des Markus,
dass Jesus die jüdische Basis keineswegs verlassen hat, und deshalb
das im Passionsbericht geschilderte Vorgehen gegen Jesus ungerechtfertigt
ist.
12,35-37 Davidssohnfrage
12,38-40 Scheltrede gegen die Pharisäer
12,41-44 Die Gebebereitschaft der armen Witwe
13 Jesu Endzeitrede als Vorausblick
auf die kommende Zeit der Gefährdungen, in denen die Gemeinde sich
nicht von falschen Propheten verführen lassen soll.
14,1-16,8 Jesus
leidet, stirbt und wird wieder auferweckt
In 14,1-16,8 ist ein älterer, vielleicht
mehrfach überarbeiteter Passionsbericht aufgenommen, dessen Rekonstruktion
freilich nicht zweifelsfrei gelingt. Er erzählt das Leiden Jesu in
vielem unter Rückgriff auf Ps 22 (und Ps 69).
14,1f. Todesbeschluss der Gegner
14,2-9 Salbung in Bethanien
14,10f. Verrat des Judas
14,12-16 Auffindung des Abendmahlssaales
14,17-21 Aufdeckung des Verrates
14,22-25 Einsetzung des Herrenmahles, vgl. 1 Kor 11,23-25
14,26-31 Jesus kündigt die Verleugnung des Petrus an
Der Ton liegt nicht auf dem Geschick Jesu oder
seinem Vorherwissen, sondern auf der Selbstsicherheit des Jüngers,
der dann in der Stunde der Erprobung versagt.
14,32-42 Jesus in Gethsemane
Jesu Einwilligung in seinen Leidensweg ist beispielhaft.
Dass die Jünger in der Stunde der Versuchung schlafen, wird dem Leser
warnend vor Augen gestellt.
14,43-52 Gefangennahme Jesu und Flucht der Jünger
14,53-65 Verhör vor dem Sanhedrin, dem Hohen Rat
Jesus bekennt sich öffentlich als Christus
und Gottessohn.
14,66-72 Verleugnung des Petrus
15,1-15 Jesus vor Pilatus; die Freilassung des Barnabas
Die Episode soll ein weiteres Mal das Messiasverständnis
der christlichen Gemeinde von demjenigen der antirömischen Aufstandsbewegungen
abgrenzen.
15,16-20a Verspottung Jesu durch die römischen
Soldaten
15,20b-28 Gang zum Kreuz und Kreuzigung
15,29-32 Verspottung durch "Vorübergehende"
Hätte Jesus dem Ansinnen der Spötter
entsprochen, sich selbst zu helfen, hätte er seinerseits getan, "was
menschlich ist" (8,33).
15,33-39 Jesu Tod
15,34 Jesu letztes Wort zitiert den Notschrei Ps 22,1
15,39 Angesichts des Todes Jesu spricht erstmals ein Mensch
das Bekenntnis Jesu als des Gottessohnes aus
15,40f. Frauen in der Nachfolge Jesu
15,42-47 Jesu Grablegung
16,1-8 Jesu Auferstehung
Mk 16,9-20 ist wohl erst späterer Zusatz,
der auf Ostergeschichten der anderen Evangelien Bezug nimmt; auch ist
er in einigen alten Handschriften nicht enthalten und wird noch bei Kommentatoren
des 10. und 11. Jhdts. als unsicher in der Herkunft deklariert.
Diese Texte sollte man gut
kennen (in welcher Übersetzung auch immer):
Mk 1,11 "Du
bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen gefunden".
Mk 1,14f. Und nachdem
Johannes gefangengesetzt worden war, kam Jesus nach Galiläa, predigte
das Evangelium Gottes 15 und sprach: "Die Zeit ist erfüllt und
das Reich Gottes ist genaht, tut Buße und glaubet an das Evangelium!"
Mk 1,27 (nach der Austreibung
eines Dämonen) :"Was ist das? eine neue Lehre in Vollmacht..."
Mk 2,10 "damit ihr
aber wisst, dass des Menschen Sohn Vollmacht hat, Sünden zu vergeben
auf Erden..."
Mk 4,10-12 (die sog. Parabeltheorie):
"Und als er allein war, fragten ihn die, welche um ihn waren, samt
den Zwölfen über die Gleichnisse. 11 Da sprach er zu ihnen:
Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben, jenen aber, die draußen
sind, wird alles in Gleichnissen zuteil, 12 auf dass "sie mit Augen
sehen und nicht erkennen und mit Ohren hören und nicht verstehen,
damit sie nicht etwa umkehren und ihnen vergeben werde" (Jes 6,9-10).
Mk 6,52 (am Ende der Seewandelerzählung):
"... sie waren nicht zur Einsicht gekommen bei den Broten (s. Mk
6,30-44), sondern ihr Herz war verhärtet".
Mk 7,37 "Er hat alles
wohlgemacht, und die Tauben macht er hören und die Stummen reden"
(vgl. dazu Gen 1,31).
Mk 8,27-33 (Petrusbekenntnis
und erste Leidensankündigung): 27 "Und Jesus ging samt seinen
Jüngern hinweg in die Dörfer bei Cäsarea Philippi. Und
auf dem Wege fragte er seine Jünger und sprach zu ihnen: Für
wen halten mich die Leute? 28 Da sagten sie zu ihm: Für Johannes
den Täufer, andere für Elia, noch andre für einen der Propheten.
29 Und er fragte sie: Ihr aber, für wen haltet ihr mich? Petrus antwortete
und sagt zu ihm: Du bist der Christus. 30 Und er gab ihnen strengen Befehl,
sie sollten zu niemandem über ihn reden. 31 Und er fing an, sie zu
lehren, der Menschensohn müsse viel leiden und von den Ältesten
und den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten verworfen werden und getötet
werden und nach drei Tagen auferstehen. 32 Und er redete das Wort frei
heraus. Da nahm ihn Petrus beiseite und fing an, ihm Vorwürfe zu
machen. 33 Er aber wandte sich um und sah seine Jünger an, schalt
den Petrus und sprach: "Hinweg von mir, Satan! Denn du meinst nicht,
was göttlich, sondern was menschlich ist."
Mk 9,7 "Dies ist
mein geliebter Sohn; höret auf ihn!"
Mk 15,39 "Dieser
Mensch war in Wahrheit Gottes Sohn".
Theologische Grundgedanken
Nach unserer Kenntnis wird erstmals im Markusevangelium
die Geschichte Jesu von seinem öffentlichen Wirken an bis hin zu
Kreuz und Auferstehung zusammenhängend erzählt. Die mk Jesusdarstellung
enthält biographische Gesichtspunkte ebenso wie sie als Verweis auf
Jesus als den Messias und Gottessohn die Existenz der Gemeinde legitimiert
durch Verweis auf Jesus als den im Gehorsam Leidenden ihre Existenzform
normieren will. Mit Hilfe dessen will Markus den Leser einen Erkenntnisweg
führen, den auch die Jünger geführt wurden: Jesu Vollmacht
begründet das Recht der christlichen Gemeinde auf ihren Sonderweg,
Jesu Leiden ist Urbild und Vorbild ihres eigenen Leidens. Markus kann
diese Thematik in der Form des Evangeliums darstellen, weil nach seiner
Sicht die Geschichte Jesu mit seinen Jüngern zugleich Ursache wie
Urbild dieses Erkenntnisweges ist.
1. Das markinische Geschichtsbild
Das markinische zeichnet Jesus als aufsehenerregenden,
aber zu Lebzeiten letztlich unverstanden gebliebenen und gewaltsam zu
Tode gekommenen Lehrer und Therapeuten sowie Initiator einer Jüngergemeinschaft.
Jesus wird in Galiläa als Exorzist und Lehrer bekannt (Mk 1), hat
aber schon bald Auseinandersetzungen mit Gegnern vornehmlich aus dem Bereich
religiöser Sondergruppierungen (Mk 2,1-3,6); im Hinblick auf den
von ihnen gefassten Todesbeschluss beruft er eine Schar von Jüngern,
die zu Lebzeiten ihn begleiten und nach seinem Tod sein Werk weitertragen
(Mk 3,13-19). Trotz des Unverständnisses ihm gegenüber (Mk 4,1-6,6a)
bleibt er seinem Auftrag treu und intensiviert sein Werk (Mk 6,6b-8,26).
Dabei wird er selbst von seinen Jüngern nicht angemessen verstanden.
Ab einem gewissen Zeitpunkt widmet er sich vornehmlich der Aufgabe, sie
über seinen bevorstehenden Leidensweg und über die von ihm gewünschten
Lebensverhältnisse innerhalb ihres Kreises zu belehren (Mk 8,27-10,52).
Er zieht aus eigenen Stücken nach Jerusalem und wird dort triumphal
empfangen, doch zeigen die weiteren Auseinandersetzungen die Unvereinbarkeit
der Standpunkte. In einer letzten esoterischen Lehre legt er einigen ausgewählten
Jüngern dar, womit er als Zukunft für die Gemeinde rechnet (Mk
13). Schließlich stirbt er eines gewaltsamen Todes, wird aber von
Gott auferweckt (Mk 14,1-16,8).
2. Der Christus und Gottessohn in seiner Herrlichkeit
und in seinem Leiden
Dem Leser wird Jesus schon zu Beginn des Markusevangeliums
durch die Heilige Schrift (Mk 1,2-4), durch die lebendige Prophetie (Mk
1,5-8) und durch Gott selbst (Mk 1,9-11) als von Gott kommend vorgestellt.
Als Christus ist Jesus der letzte, als Gottessohn der höchste Bote
Gottes, einen anderen nach ihn und einen anderen, der höher steht
als er, hat die Gemeinde nicht zu erwarten. Die Positionen und Werturteile,
die Jesus äußert, teilt auch der Evangelist, und soll der Leser
ebenfalls teilen (z.B. Mk 715; 8,31-33). Die Themen "Vollmacht"
(vgl. Mk 1,22; 2,10 u.ö.) und "Leiden" (Mk 8,31-33; 9,30-32;
10,32-34) sind für das Christusbild des Markusevangeliums bestimmend.
Jesu aufsehenerregende Taten sollen ihn für seine Jünger als
von Gott kommend ausweisen (Mk 8,14-21), doch ist seine Gottessohnschaft
falsch verstanden, wenn man von ihr Jesu Leiden ausblenden will (Mk 8,31-33).
Dass Jesus im Voraus um sein Leiden weiß, soll den Leser trösten:
Auch sein Leiden um Christi willen ist in Gottes Willen beschlossen.
3. Das markinische Bild der Gemeinde
Das Bild der Gemeinde bei Markus ist eng mit seiner
Darstellung Jesu Christi verzahnt. Mk 1,1-8,26 thematisiert die Grundlegung
der Gemeinde im vollmächtigen und unwiederholbaren Handeln des Irdischen,
Mk 8,27-16,8 ihre gegenwärtige Existenzform, die vom zeitlichen Standpunkt
des Irdischen noch in der Zukunft liegt. Auf der Grundlage der von Gott
bestätigten und durch Wunder erwiesenen Vollmacht Jesu wird das Recht
abgeleitet, dass er für seine Gemeinde neue Normen setzt (Mk 2,1-3,6);
damit ist der Sonderweg der Gemeinde legitimiert. Jesus hält trotz
der erlebten Ablehnung an seinem Auftrag fest und schafft sich eine Gemeinde,
die Gottes Werk auch nach Jesu Tod weitertragen soll. Konstitutiv ist,
dass die Gemeinde auf Jesu Wort hört und damit Gottes Willen tut
(Mk 3,13-19.31-35). In Mk 4 werden die Erfahrungen mit dem verkündigten
Wort von Jesus vorhergesagt, die sich im folgenden erfüllen: das
Unverständnis der Vielen (Mk 5,17.40a; 6,1-6), das bis zur offenen
Feindschaft und für die missionierende Gemeinde bis zum Martyrium
führt, aber auch das Problem des Unglaubens und des Unverständnisses
in den eigenen Reihen (Mk 6,52; 7,17f.; 8,14-21). Die Voraussage aller
dieser Widrigkeiten durch Jesus hilft, die eigene notvolle Gegenwart zu
bewältigen. Neben diesen Erfahrungen steht der bleibende Auftrag,
an dem Jesus auch nach seiner Abweisung und nach dem Tod des Täufers
festhielt. Dass Jesus, statt zu resignieren, mit der Aussendung der Jünger
seine Wirksamkeit vervielfacht, erklärt für die nachösterlichen
Leser, dass das Evangelium trotz des irdischen Scheiterns Jesu zu ihnen
gelangte. Die Heidenmission wird geschichtlich begründet in der Zuwendung
Jesu auch an Heiden, theologisch gerechtfertigt durch die Erkenntnis,
dass nicht rituelle, sondern ethische Verfehlung den Menschen von Gott
trennt (Mk 7).
Auf dieser Basis können innerhalb von Mk 8,27-10,52 innergemeindliche
Probleme und Lebensverhältnisse geregelt werden. Wunder sind im vertrauensvollen
Gebet zu Gott weiterhin möglich (Mk 9,14-29); problematisch für
die Gemeinde ist nicht der fremde Dämonenaustreiber, sondern der
eigene Hochmut und die Verführung zur Sünde (Mk 9,33-50); Scheidung
wird als mit dem göttlichen Willen unvereinbar deklariert (Mk 10,2-12);
Kinder sind in die Gemeinschaft der Gläubigen zuzulassen (Mk 10,13-16);
Reichtum kann an ungeteilter Nachfolge hindern (Mk 10,17-27); nicht Herrschen,
sondern Dienen ist das Ideal innergemeindlichen Verhaltens (Mk 10,35-45).
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