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Lektion 3: Das Matthäusevangelium
- den Willen Gottes tun in der Nachfolge Jesu, des gehorsamen Gottessohnes
1. Zur Person des Matthäus
Der Name ist die griechische Variante des aramäischen
Mattai oder Matta, der Abkürzung von Mathanja oder Mathitja 2 Kön
24,17; Neh 8,4 (Geschenk JHWHs).
Für die Frage nach der Identität sind zwei Traditionskomplexe
zu beachten: Mk 2,14; Mt 9,9 einerseits, das Papias-Zitat andererseits.
In Mk 2,14 wurde von der Berufung des Levi erzählt, in Mt 9,9 wird
daraus die Berufung des Zöllners Matthäus. Warum ist der Name
Levi getilgt? Zwei Deutungen, vorgeführt nach U. Luz, Matthäus
II, 41-43:
1. Levi sei der ursprüngliche Name des Betreffenden, Mattai der Name,
der ihm von Jesus bei der Berufung beigelegt worden sei. Man hat eingewandt,
zwei semitische Namen seien selten für eine Person, doch könnte
man auf das Beispiel Simon = Kephas verweisen. Wem das nicht zusagt, dem
bleibt nur,
2. die These, daß der Evangelist tatsächlich von einer anderen
Person reden wollte. Mt 10,3 erwähnt den Zöllner Matthäus
als Mitglied des Zwölferkreises; der auch in den Parallelen Mk 3,18;
Lk 6,15 sowie in Apg 1,13, dort allerdings jeweils ohne Berufsbezeichnung
genannt wird. Nun war der Zwölferkreis für Matthäus wichtig
als für seine eigene Gemeinde transparent: Jünger kann man sich
nur dann zu Recht nennen, wenn man dem Wort des irdischen Jesus gehorsam
ist. Aber warum wurde die Geschichte von der Berufung Levis gerade auf
Matthäus übertragen, nicht auf Thomas oder Bartholomäus?
Eher unwahrscheinlich ist die These, Matthäus sei Ahnherr oder Stammapostel
des Kirchengebietes, aus dem unser Matthäusevangelium stammte. Dann
hätte die Gemeinde nämlich sehr wenig über ihren Stammapostel
gewußt, wenn sie ihm sogar eine fremde Berufungsgeschichte zuweisen
mußte! Wahrscheinlich hat man in der Gemeinde des Matthäusevangeliums
gewußt, daß Matthäus Zöllner war, darum die Übertragung
der Berufungsgeschichte des Zöllners Levi auf Matthäus. Die
Zuweisung unseres Evangeliums an Matthäus sei dann von Späteren
aus Mt 9,9 erschlossen.
2.
Das Papias-Zitat
Bezüglich Matthäus behauptete Papias nach Euseb: Matthäus
hat in hebräischer Sprache die Reden zuammengestellt; ein jeder aber
übersetzte dieselben so gut er konnte (Euseb, h.e. 3,39,15).
Man hat aus diesen Bemerkungen gelegentlich eine aramäische Vorform
des Matthäusevangeliums zu rekonstruieren versucht oder (seit Friedrich
Daniel Ernst Schleiermacher) sie auf die ebenfalls als ursprünglich
aramäisch verfaßt gedachte Logienquelle bezogen. Aber:
1. Logia muß nicht nur Worte bedeuten, sondern kann
im Sinne des hebr. Dabar, Sache, auch die Erzählstoffe umfassen.
2. Bereits die Logienquelle ist höchstwahrscheinlich ein griechisch
redigiertes Dokument, wie die weitgehende Übereinstimmung der Logien
auch im Wortlaut nahelegt (ganz anders als bei den von Paulus zitierten
Herrenworten und deren Gegenüber in den Evangelien, vgl. 1 Kor 7,10
mit Mk 10,12 oder gar 1 Kor 9,14 mit Lk 7). Hinzu treten drei andere Bedenken
gegen einen aramäischen Matthäus:
1. Die Übernahme des griechischen Markusevangeliums, für das
sich eine aramäische Vorlage nicht nachweisen läßt, 2.
die Vermeidung von Aramaismen durch Matthäus; 3. die Zitierung des
AT zumeist nach der Septuaginta, vor allem in 1,23; 8,17, wo nur der griechische
Text den vom Evangelisten intendierten Sinn ergibt.
Andererseits war Matthäus mit hebräischer bzw. aramäischer
Sprachtradition vertraut: die Deutung des Jesusnamens er wird sein
Volk retten von ihren Sünden in Mt 1,21 setzt das Wissen um
die Bedeutung von Jeschua / Jehoschua voraus (JHWH ist Hilfe, Rettung,
Heil).
Matthäus war also ein zweisprachiger Judenchrist.
Hat der Apostel Matthäus das Matthäusevangelium
verfaßt? Ist sein Werk das Werk eines Augenzeugen? Gegenargumente:
- Hätte Matthäus als Augenzeuge das Buch
eines Nichtaugenzeugen Markus benutzt?
- Hätte Matthäus seine Berufung erst in Mt
9,9 erzählen sollen, um zuvor in drei langen Kapiteln Jesu Grundsatzrede
(Bergpredigt) zu referieren, während das sich auf den Erstberufenen
Petrus zurückführende Markusevangelium hierin völlig
schweigt?
- Hätte Matthäus seinen eigenen Berufungsbericht
als Fremdberufung erzählt?
Weniger in wissenschaftlicher als in außerwissenschaftlicher
Diskussion um die Ursprünge der Evangelienüberlieferung wird
denen, die der These der Augenzeugenschaft des Matthäus eher kritisch
gegenüberstehen, als befürchtete Konsequenz ihrer Position die
Relativierung der kanonischen Geltung vorgehalten. Historisch gesehen
ist, wenn Mt das Werk eines Augenzeugen wäre, ist in jedem Fall seine
nachösterliche Redigierung wahrscheinlich, und zwar aufgrund aktueller
Interessen des Verfassers, nicht primär aufgrund einer angestrebten
historischen Treue. Doch auch theologisch ist der Schluß nicht zwingend,
wie schon der biblische Verweis auf das nachösterlich zu erwartende
Wirken des Heiligen Geistes zeigt (Joh 16,13).
3.
Geistige Heimat des Verfassers
Können wir also die Person des Matthäus nicht namentlich einer
uns bekannten urchristlichen Gestalt zuordnen, so können wir doch
aufgrund interner Indizien auf die geistige Heimat des Verfassers schließen.
In der Zeit der Alten Kirche galt Matthäus als Judenchrist. Gegen
die Herkunft des Evangelisten aus dem Volk Israel wurde in der Neuzeit
gelegentlich die Vermeidung von Aramaismen wie die Unkenntnis u.a. hinsichtlich
gesellschaftlicher Verhältnisse und religiöser Praktiken in
Mt 16,12; 23,5 geltend gemacht: Historisch sei die Zusammenordnung der
Lehre der Pharisäer und Sadduzäer in Mt 16,11 unhaltbar, und
dem Evangelisten sei die Bedeutung der Tephillin (Mt 23,5) nicht bekannt.
Doch lassen sich diese Argumente relativieren: Mt 16,11 bezieht sich auf
die Gegnerangabe Mt 16,1 zurück und spiegelt redaktionell die relative
Einigkeit der Hierarchen in der Ablehnung der Jesusbotschaft; die Bezeichnung
der Tephillin als Amulette Mt 23,5 ist Polemik ähnlich wie Mt 27,62-66;
28,1-15; Gal 5,12. Die Vermeidung von Aramaismen zeigt nur, daß
Matthäus für einen griechischsprachigen Raum schrieb (W. G.
Kümmel, Einleitung, 85).
Als positive Hinweise für die Herkunft des Matthäus aus dem
Judentum können gelten: Die betonte Herleitung Jesu aus dem Judentum
Mt 1,1-17, die Distanzierung vom Antinomismus Mt 5,17-20; 7,23; 13,41,
die Distanzierung von »den Heiden« gerade in der Jüngerbelehrung
Mt 5,46f.; 6,7; 18,17, die Anerkennung der Speisegesetze Mt 15,17 und
der Sabbatgesetzgebung Mt 24,20. Der Ausdruck Reich der Himmel
will, in guter jüdischer Übung stehend, das Aussprechen des
Gottesnamens vermeiden. Die Worte binden und lösen in
der Verheißung an Petrus (Mt 16,19) bzw. an alle Jünger (Mt
18,18) bedeuten: etwas für erlaubt oder verboten zu erklären.
Vielleicht war Matthäus ein christlicher Schriftgelehrter (vgl. Mt
13,52), wie die vielen Schriftzitate in seinem Evangelium nahelegen.
Die Leserschaft, die der Evangelist wohl vor Augen hat, ist durch judenchristliche
Traditionen geprägt. Lebt sie innerhalb oder außerhalb des
Synagogenverbandes? Zugunsten der ersteren These hat man auf die Verfolgungslogien,
auf die grundsätzliche Anerkennung der Lehrautorität des Rabbinats
Mt 23,2 sowie auf die fortdauernde Entrichtung der Tempelsteuer Mt 17,27
verwiesen, zugunsten der letzteren These auf die distanzierte Redeweise
von »ihren« bzw. »euren« Synagogen und Schriftgelehrten
(Mt 4,23; 7,29; 9,35; 12,9; 13,54; 23,34). Vielleicht kann man so formulieren:
Faktisch lebten die matthäischen Christen außerhalb des Synagogenverbandes,
doch entsprach dies nicht ihrem Selbstverständnis.
4.
Ort
Als Ort der Entstehung ist wohl der Osten des römischen
Reiches anzunehmen; Mt 4,24 und die Kunde von ihm wurde laut in
ganz Syrien könnte ein Hinweis auf Syrien sein. Auch die sog.
Didache hat man in Anschlag gebracht; 11,2-6 kennt noch später Ausläufer
der jesuanischen Nachfolgebewegung. Freilich ist Syrien eine
unscharfe Bezeichnung und kann das ganze Land zwischen Euphrat und Nil
mit Einschluß Israels bezeichnen oder nur das heidnische Syrien
nördlich von Galiläa - Matthäus verrät es uns nicht.
Man hat gerne an Antiochia am Orontes gedacht, immerhin ist Ignatius von
Antiochien einer der Ältesten Zeugen für die Benutzung des Mt
in der alten Kirche. In dem Brief an die Smyrnäer IgnSmyrn 1,1 heißt
es von Jesus: getauft von Johannes, damit alle Gerechtigkeit von
ihm erfüllt werde - unverkennbar ist Mt 3,15 zitiert, wo Jesus
auf den Einwand des Täufers, eigentlich bedürfe er, der Täufer
selbst der Taufe, antwortet mit den Worten Laß es geschehen,
denn so geziemt es sich, daß wir alle Gerechtigkeit erfüllen.
Doch ist die Frühdatierung der Ignatiusbriefe auf 110 n. Chr. umstritten;
deshalb ergibt die Lokalisierung ihrer Abfassung für die Lokalisierung
des Matthäusevangeliums keinen wirklich zu sichernden Hinweis.
5.
Zeit
Der wissenschaftliche Konsens datiert das Matthäusevangelium
auf die Jahre zwischen 80 und 90 n. Chr.: Das Markusevangelium ist eingearbeitet.
Mt 22,7 setzt die Zerstörung Jerusalems voraus.
C. P. Thiede wollte das Matthäusevangelium als das Werk eines Augenzeugen
begreiflich machen. Zwei Argumente seinerseits:
1. Ein wichtiger, Texte aus Mt 3 und Mt 26 enthaltender Papyrus (j64/67)
ist auf die Zeit vor dem jüdischen Krieg zu datieren (Thiede weiß
den 24.7.62 anzugeben); 2. Zwischen dem tatsächlichen Geschehen bei
der Zerstörung Jerusalems i. J. 70 n. Chr. und ihrer Voraussage in
Mt 22,7 bestehen Widersprüche, so daß Mt 22,7 vor 70 n. Chr.
geschrieben sein muß. Aber:
1. Das hohe Alter des genannten Papyrus ist keineswegs so zweifelsfrei
zu erweisen, wie es Thiede glauben machen möchte. 2. Es verkennt
das Wesen der hier in Frage stehenden Literatur, wenn man aus Mt 22,7
genaue Aufschlüsse über Subjekt und Art der Zerstörung
machen wollte. Die Reaktion des Königs auf die Verweigerung seiner
Einladung gegenüber ist nicht als Reaktion auf der Erzählebene
zu deuten, sondern ist allegorisierender Zug, bedingt und geprägt
durch die Wirklichkeit, von der eigentlich gesprochen werden sollte. 3.
Selbst wenn das Evangelium um 62 n. Chr. entstanden wäre, müßte
für seine Auslegung grundsätzlich die nachösterliche Perspektive
und der zeitliche Abstand von 30 Jahren zu den berichteten Ereignissen
berücksichtigt werden.
6. Grobgliederung
Unstrittig sind die Abgrenzungen vor Mt 3,1 und Mt 26,1. Für die
Gliederung des Hauptteils (ab 4,17/23 bis 25,46) werden i.w. folgende
Modelle diskutiert:
- Aufgrund der Wendung von da an begann Jesus
in 4,17; 16,21 setzt u.a. J. D. Kingsbury die Zäsuren faktisch
analog wie bei Markus (dort in 8,27).
- Aufgrund chiastischer Entsprechungen vor allem der
Reden hinsichtlich ihrer Länge und ihres Adressatenkreises vermuten
B. Combrink u.a. eine Komposition um das Zentrum Mt 13 herum.
- Aufgrund der parallelen Formulierung von 4,23 und
9,35 sowie aufgrund der jeweils Ähnlich formulierten Redeabschlußvermerke
(als Jesus diese Rede vollendet hatte) kann man auch die
Gliederung anhand der Redekompositionen vornehmen. F. Bacon wollte eine
Parallelität der fünf großen Reden mit den fünf
Büchern des Pentateuch erkennen und ordnete jeweils die vorausgehenden
Erzählteile den Reden zu. Nun besteht der Komplex Mt 23 - 25 tatsächlich
aus zwei Reden (Mt 23 gegen die Pharisäer; Mt 24; 25 an die Jünger).
Inhaltliche Beziehungen ergeben sich von den Reden aus eher zu den nachfolgenden
Erzählteilen, die man (für Mt 8 - 20) als Konkretisierung
der im Voraus in den Reden grundsätzlich erörterten Fragen
und Probleme deuten kann. Dann ergibt sich (ähnlich bereits H.
Frankemölle, Jahwebund und Kirche Christi, 342), folgende
Grobgliederung des Gesamtevangeliums:
Stammbaum, Geburts- und Kindheitsgeschichten Mt 1 - 2
Vorbereitung auf Jesu öffentliches Wirken Mt 3 - 4
Jesu Lehre Mt 5 - 7; Jesu Wirken Mt 8 - 9
Konflikte um Jesus und um die Jünger in Voraussage (Mt 10) und Wirklichkeit
(Mt 11 - 12)
Die Scheidung zwischen Unglaubenden und Glaubenden in Ansage (Mt 13,1-52)
und Wirklichkeit (Mt 13,53 - 17,27)
Regelung gemeindeinterner Fragen und Konflikte Mt 18 - 20.
Abschließende Auseinandersetzungen und Mahnungen an die Jünger
(Mt 21 - 25)
Passions- und Ostergeschichten Mt 26 - 28
weiterführende Literatur:
Bacon, B. W., Die fünf Bücher des Matthäus
gegen die Juden (1919), in: J. Lange (Hg.), Das Matthäus-Evangelium,
WdF 525, Darmstadt 1980, 41-51.
Kingsbury, J. D., Matthew: Structure, Christology, Kingdom, Philadelphia
1975.
Combrink, B., The Structure of the Gospel of Matthew as Narrative, TynB
3 (1983), 61-90.
Frankemölle, H., Jahwebund und Kirche Christi. Studien zur Form-
und Traditionsgeschichte des Evangeliums nach Matthäus, NTA NF 10,
2. Aufl. Münster 1984, 331-347.
7.
Feingliederung
1,1-17
|
Stammbaum
Formal ist damit Jesu Davidssohnschaft
begründet, indem die Abstammungslinie über Josef, den
Vater Jesu in rechtlichem Sinne, auf David zurückgeführt
wird.
|
vgl. Lk 3,23-38 |
1,18-25 |
Geburt Jesu,
Deutung seines Namens |
SoG |
2,1-12 |
Die Weisen aus
dem Morgenland |
SoG |
Exkurs: Herodes d. Gr.
Im Neuen Testament werden drei verschiedene Personen jeweils nur mit Herodes
benannt: 1. Herodes der Große (nur in Mt 2), 2. Herodes Antipas,
einer seiner Söhne, der Landesherr Galiläas von 4 v. Chr. bis
39 n. Chr., also während der öffentlichen Wirkungszeit Jesu,
sowie 3. Herodes Agrippa I. (nur in Apg 12).
Herodes d. Gr. (73-4 v. Chr.) stammte aus einem idumäischen aber
judaisierten Aristokratengeschlecht, wurde zunächst durch seinen
Vater Antipater zum Gouverneur in Galiläa ernannt, entkam mit Hilfe
des römischen Statthalters Sextus von Syrien einem Prozeß wegen
gewaltsamer Beseitigung einer antirömischen Widerstandsbewegung,
wurde später erneut zum Tetrarchen von Galiläa ernannt. 40 v.
Chr. ernannte ihn der römische Senat zum König von Judäa,
es dauerte allerdings bis 37 v. Chr., bis er den mit Hilfe der Parther,
den Feinden Roms, regierenden Antigonos, einen Abkömmling der Hasmonäer,
vertreiben und das Land unter seine Kontrolle bekommen konnte. In den
Auseinandersetzungen zwischen Antonius und Octavianus Augustus war Herodes
zunächst Parteigänger des Antonius, später des Octavianus
Augustus, der ihm den Titel Rex socius et amicus populi Romani verlieh:
Er durfte Purpur und Krone anlegen und ein Szepter führen, hatte
als Klient jedoch nur innerhalb enger Grenzen Selbständigkeit, Autonomie
nur insofern, als römische Interessen nicht berührt wurden.
Im Bedarfsfalle war er zur Heeresfolge und zu Geldleistungen verpflichtet
und durfte ohne römische Genehmigung keine Kriege führen und
keine eigene Außenpolitik betreiben. Im Innern war seine Macht unbeschränkt;
er durfte nach Gutdünken Steuern erheben und war höchster Richter,
oberster Gesetzgeber und Exekutive in einem. Diese Machtfülle wurde
nur faktisch dadurch beschränkt, daß er auf das religiöse
Volksempfinden Rücksicht nehmen mußte, das wesentlich durch
die Pharisäer geprägt wor-den war. Er beseitigte die Lebenslänglichkeit
und Erblichkeit des Hohenpriesteramtes.
Sein Regierungsziel war die Integration Israels in das Imperium Romanum,
die halbwegs friedliche Verhältnisse in Israel erleichtern sollte.
Bis heute zu sehen sind die archäologischen Reste seines umfangreichen
Bauprogramms. Die Stadt Samaria baute er aus, incl. Tempel, und benannte
sie in Sebaste um, zu Ehren des Octavian, der seit 27 v. Chr. den Ehrentitel
Sebastos, der Verehrungswürdige, trug. Ferner versah
er Tripolis, Damaskus und Ptolemais mit Gymnasien, Byblus mit einer Stadtmauer,
Berytus und Tyrus mit Säulengängen, Hallen, Tempeln und Märkten,
Sidon und Damaskus mit Theatern, die Seestadt Laodikea mit einer Wasserleitung,
Askalon mit prachtvollen Bädern und Brunnen und außerdem noch
mit Säulenhallen von staunenswerter Größe und Arbeit
(BJ I,21,11).
In Jerusalem nahm er den Um- und Ausbau des Tempels in Angriff, befestigte
die Fundamente neu, erweiterte den Tempelbezirk auf das doppelte der Fläche,
fügte Säulenhallen hinzu und zog den Tempel wieder zu seiner
ursprünglichen Höhe hoch (die Baumaßnahmen, während
dieser langen Zeit unterschiedlich intensiv betrieben, waren erst 64 n.
Chr. abgeschlossen). Allerdings baute er in Jerusalem auch ein Theater
und in der Ebene ein großartiges Amphitheater. Josephus kommentiert:
... für die Fremden war das alles eine Augenweide und ein Gegenstand
der Bewunderung; für die Einheimischen dagegen bedeutete das alles
eine offenbare Auflösung der bei ihnen in so hoher Ehre gehaltenen
väterlichen Sitte. Denn es schien ihnen eine Gottlosigkeit zu sein,
Menschen den wilden Tieren vorzuwerfen zur Ergötzung anderer Menschen,
und nicht weniger verwerflich kam es ihnen vor, die Landesgebräuche
mit fremden Sitten zu vertauschen. nichts aber verletzte sie mehr als
die Trophäen; denn da sie dieselben für in Rüstungen eingehüllte
Bilder hielten, vermochten sie, weil nach ihren Gesetzen die Verehrung
von Bildern verboten war, diesen Anblick nur mit höchstem Unwillen
ertragen (Antiquitates 15,274-276).
Spannungen in der großen Familie des Herodes setzten ihm schwer
zu und kosteten auch einigen der Akteure das Leben. Es handelt sich im
wesentlichen um Konkurrenz der 10 verschiedenen Ehefrauen teils untereinander,
teils mit Herodes Schwester Salome, sowie um Konkurrenz der Söhne
der verschiedenen Frauen gegeneinander. Eine zunehmende Verbitterung führte
zu Mordtaten bereits an poten-tiellen Gegnern. Mt 2,16 ist wohl legendarisch,
doch zu Herodes Bild gerade in seinen letzten Lebensjahren nicht
unpassend.
2. Herodes Antipas regierte 4 v. - 39. n. Chr. über Galiläa
und Peräa. In die frühjüdische und neutestamentliche Literatur
ist er vor allem wegen anitjüdischer Affekte eingegangen. Ähnlich
wie sein Vater hatte er Angst vor auch nur vermeintlichen Gegnern und
ließ deshalb Johannes den Täufer, in dessen Publikumswirksamkeit
er die Gefahr des Aufruhrs witterte, auf die Festung Machärus bringen
und dort ermorden. Auch die Notiz Lk 13,31, er habe Jesus töten wollen,
muß nicht aus der Luft gegriffen sein. Jesu Urteil über ihn
fällt denn auch nicht sehr freundlich aus; Fuchs (Lk
13,32) bezeichnet einen hinterlistigen und verschlagenen Menschen. Ein
anderer antijüdischer Affront war der Bau der Stadt Tiberias, benannt
zu Ehren des Kaisers Tiberius, auf dem Grund und Boden eines alten Friedhofs,
welche Wohnlage ihre Bewohner zumindest befristet unrein macht.
Herodes Antipas wurde, nachdem ihn seine Frau dazu überredet hatte,
zur Erlangung des Königstitels in Rom vorstellig zu werden, von Caligula
(37-41 n. Chr.) für seine Habgier mit der Verbannung bestraft, seine
Tetrarchie wurde dem Gebiet des Herodes Agrippa I. zugeschlagen.
3. Herodes Agrippa I., 10 n. Chr. geboren und in Rom erzogen, verfügte
über gute Kontakte zu einzelnen Gliedern des kaiserlichen Hauses,
war aber weniger durch politische Leistungen als vielmehr durch verschwenderischen
Lebenswandel bekannt. Als er bei einem Gastmahl im Hause des späteren
Gaius Caligula etwas zu deutlich seinen Wunsch als Gebet (!) laut werden
ließ, nach dem hoffentlich bald erfolgenden Tod des Tiberius noch
seinen Gastgeber Caligula als Herrn der Erde begrüßen zu dürfen,
wurde dies dem Tiberius hinterbracht, der Agrippa dann sechs Monate in
harter Haft hielt. Nach dem Tod des Tiberius (37) erinnerte sich der neue
Kaiser Caligula (37-41) seines ihm so wohlgesonnenen Gastes, ließ
ihn frei und ernannte ihn zum König über die Tetrarchie des
im Jahr zuvor (36) verstorbenen Philippus. Als Antipas wegen seiner Habgier
verbannt wurde, erhielt Agrippa I. zusätzlich dessen Tetrarchie Galiläa
und Peräa; als er bei Claudius Thronbesteigung
ein Blubad zwischen den Soldaten des Claudius und dem zunächst gegen
Claudius opponierenden Senat verhindern konnte, schenkte Claudius ihm
Judäa mitsamt Jerusalem dazu, sodaß unter Herodes Agrippa I.
ein letztes Mal Gesamtisrael in einem eigenen, halbwegs selbständigen
Staat vereinigt war.
Für den jungen Agrippa I. war sein Großvater Herodes d. Gr.
auch politisch ein Vorbild. Außenplitisch gab er sich als moderner
hellenistischer Herrscher, innenpolitisch suchte er die Verbundenheit
mit den traditionsbestimmten Kräften des Judentums unter Beweis zu
stellen. So gewann er die Zuneigung der Pharisäer und damit auch
die des von ihnen geistig beherrschten Volkes. Man kann darin auch ein
Motiv für die in Apg 12 berichtete Christenverfolgung vermuten.
Doch währte Agrippas irdisches Glück nicht lange. Bereits i.J.
44 starb er in der Blüte seiner Jahre. Josephus (Antiquitates 19,343-350)
wie Lukas (Apg 12,20-23) führen den schnellen Tod des Agrippa I.
darauf zurück, daß er sich von einer Volksmenge widerspruchslos
als Gott habe titulieren lassen.
2,13-25
|
Flucht nach
Ägypten, Kindermord, Rückkehr Jesu nach Nazareth |
SoG |
3 |
Johannes der
Täufer und die Taufe Jesu |
|
3,1-12 |
Verkündigung
des Täufers |
Mk 1,1-8; Q |
3,13-17
|
Jesu Taufe
Die dem Christentum möglicherweise
gestellte Anfrage, ob nicht die Taufe Jesu durch Johannes die mindere
Stellung Jesu dem Täufer gegenüber erweise und damit seinen
Messiasanspruch hinfällig mache, beantwortet Matthäus,
indem er die Stoßrichtung umkehrt: Indem sich Jesus durch
Johannes den Täufer taufen läßt, erfüllt er
alle Gerechtigkeit (3,15) und erweist sich damit als gehorsamer
Gottessohn (vgl. die Ausführungen zu Mt 26,36-46; 27,39-44),
wie sein Selbstverständnis nach Matthäus (Mt 5,17) auch
Konsequenzen für die Jünger hat (Mt 5,20).
|
Mk
1,9-11 |
4,1-11
|
Jesu Versuchung
Umstritten ist, ob die
mt oder die lk Anordnung der zweiten und der dritten Versuchung
auf Q zurückzuführen ist.
|
Q 4,1-13 |
4,12-17
|
Jesu Bußruf und Predigt
vom Himmelreich
Die Formulierung Mt 4,17
entspricht wörtlich der von Mt 3,2.
|
Mk
1,14f. |
4,18-22
|
Die Berufung
der ersten vier Jünger |
Mk
1,16-20 |
4,23-25
|
Summarium über
Jesu Predigen und Heilen |
|
Mt
5 - 9 |
Das Wirken Jesu
in Wort und Tat. |
|
5-7
|
Bergpredigt.
Sie ist der erste im einzelnen erzählte öffentlichkeitswirksame
Auftritt (nicht wie in Mk 1,21-28 ein Exorzismus und i.f. Krankenheilungen),
und formuliert, was die von den Jüngern geforderte Gerechtigkeit
und Vollkommenheit (Mt 5,20.48) bedeutet. |
|
5,1f.
|
Einleitung zur
Bergpredigt |
|
5,3-12
|
Die Seligpreisungen
Als Parallele aus Qumran
vgl. 4Q525 Frg. 3 Kol ii, 1-6 (Übersetzung J. Maier)
... mit reinem Herzen und nicht üble Nachrede geübt. Glücklich,
die ihre Vorschriften (die Vorschriften der Thora oder der Weisheit)
einhalten und nicht Unrechtswege einhalten. Glücklich, die
über sie jauchzen und sich nicht auf Wegen von Unverstand ausdrücken.
Glücklich, die sie erfragen mit reinen Händen und nicht
mit einem Trug-Herzen nach ihr streben. Glücklich ein Mensch,
der Weisheit erlangt hat und der da wandelt in der Torah des Höchsten,
sein Herz nach ihren Wegen ausrichtet, sich zusammennimmt in ihren
Züchtigungen, an ihren Strafplagen stets Wohlgefallen hat,
sie nicht verläßt angesichts einer Bedrängnis, zur
Zeit einer Notlage sie nicht verläßt, sie nicht vergißt
am Tage eines Schreckens und in Demut seiner Seele sie nicht verwirft,
sondern regelmäßig in ihr studiert ...
|
Q 6,20b-23 |
5,13-16
|
Die
Jünger als Salz und als Licht |
Mk
9,49f.; 4,21 |
Mt
5,13-16 |
nennt
das nach außen wirkende Ziel der Jüngerexistenz: Die Christen
sollen durch ihre guten Werke Zeugen für den offenbaren Gotteswillen
gegenüber den Menschen sein. |
|
5,17-20
|
Jesus und die Thora
Jesus ist nicht gekommen,
die Thora aufzulösen, sondern sie zu erfüllen. Entsprechend
ist der Jünger zu einem Mehr an Gerechtigkeit gefordert.
|
|
5,21-48
|
Die
Antithesen |
|
5,21-26
|
vom
Zürnen |
Q |
12,57-59 |
vgl.
CD 7,2f.; zu V. 23f. vgl. Am 5,21-27; Sir 35,12-18. |
|
5,27-30
|
vom Ehebruch
vgl. Ex 20,14; Dtn 5,18;
Prov 5,1-21; 6,20-35; Sir 9,8; 23,4-6; 26,9; TestIss 7,2; TestBenj
6,3; PsSal 4,4; sowie vor allem CD 2,15f.; 1QS 1,6.
|
(Mk
9,43-48) |
5,31f.
|
gegen
die Ehescheidung |
Q |
16,18 |
zur
sog. Unzuchtsklausel Mt 5,32 vgl. die Ausführungen
zu Mt 19,3-9. |
|
5,33-37 |
vom Schwören
vgl. Ps.-Phok. 16 sowie
Josephus, BJ 2,135 einerseits, BJ 2,139 andererseits.
|
SoG |
5,38-42
|
vom
Wiedervergelten |
Q |
6,29f. |
vgl.
Sir 4,1-10; JosAs 29,3; TestSim 4,4f. |
|
5,43-48
|
von
der Feindesliebe |
Q |
6,28-36 |
Die
in Mt 5,43 unterstellte Aufforderung den Feind hassen
ist nicht biblisch belegt, kann u.U. Reflex auf Äußerungen
wie 1QS 1,2-5.9f. sein. Zur Forderung der Feindesliebe vgl. 4 Makk
2,14. |
|
Exkurs: Jesus und die Thora
Das Thema Jesus und die Thora ist theologiegeschichtlich insofern
belastet, als die mt Antithesen zumeist vorschnell i.S. einer Gegenüberstellung
des in eigener Vollmacht redenden Gottessohnes gegenüber der nur
mit menschlicher Autorität redenden jüdischen Schriftgelehrten
verstanden und als Ausdruck einer den ganzen Menschen erfassenden Gesinnung
(im Gegensatz zu bloß äußerlicher Erfüllung
des Buchstabens) interpretiert wurden (diesbezüglich zur Geschichte
der Frage Jesus von Nazareth und das Gesetz auch in jüngerer
Zeit vgl. den u.a. gleichnamigen Beitrag von K. Müller). Demgegenüber
muß richtiggestellt werden 1. unsere Auffassung von der Eigenart
frühjüdischer Halacha im Verhältnis zur Thora, 2. unsere
Auffassung von den Möglichkeiten frühjüdischer Thorarezeption,
3. unsere Auffassung jüdischer Frömmigkeit.
1. Vor allem K. Müller hat in einigen Arbeiten gezeigt, daß
das, was als Halacha (Religionsgesetzgebung) im frühen Judentum gilt,
nicht aus dem Text der Thora, z.B. dem Pentateuch (gar noch in Form des
Masoretischen Textes), deduziert wird; die gegenwärtig geltende Halacha
ist eine Weiterentwicklung der Stoffe der Thora, notwendig geworden aufgrund
der eigenen gewandelten Welterfahrung. Als Beispiel mag die Tempelrolle
(11Q19) dienen: Hier stehen nebeneinander die wörtlichen Parallelen
zu Pentateuchtexten, ihre Weiterentwicklung (vgl. das Königsgesetz
11Q19 LVII 11-15 mit Dtn 17,14-20) und weitgehender freier Formulierung
(11Q19 XV 3 - XVII 5); das zeigt, daß man für die Zeit ihrer
Entstehung noch nicht von der Vorstellung einer feststehenden heiligen
Schrift ausgehen darf (K. Müller, Beobachtungen, 106
Anm 5). Die neu entstehende Halacha braucht die Thora nicht zu zitieren,
weil sie selbst auf der Ebene der Thora steht. Aber es gilt umgekehrt
auch: Der jeweils eigenen Halacha der verschiedenen jüdischen Gruppen
kommt nur deshalb Autorität zu, weil der Thora Autorität zukommt.
2. Frühjüdische Thorarezeption kennt nicht nur halachische Texte
im rabbinischen Sinne, verbindliche und detaillierte Rechtsprechung
für konkrete Straftatbestände im Alltag jüdischer Gemeinschaften
(Niebuhr, Antithesen, 183, vgl. schon D. Flusser, 29), sondern ebenso
weisheitliche Texte, die in der Linie von Dtn 4,5-8; Jos 1,8f.; Ps 1;
Ps 19; Ps 119; Sir 24 den grundsätzlichen und ganzheitlichen Gehorsam
gegenüber der Thora (vgl. u.a. Judith 12,1f.; Tob 4,6) einschärfen
wollen. Im Sinne dieser Paränese sind auch die Aussagen des Matthäusevangeliums
zu verstehen, wie die hier angegebenen Parallelen zeigen.
3. In frühjüdischer Toraparänese ist der aus Dtn 6,5 (Bestandteil
des Glaubensbekenntnisses Israels!); Dtn 10,12 u.ö. bekannte Gedanke
der ganzheitlichen Hingabe des Menschen an den Willen Gottes durchgehend
präsent (Sir 1,16-20; TestIss 4,1; 7,7; TestLevi 13,1; 1QS 1,1; PsSal
3,3-1014,1; syrBar 84,10 u.a.). Das Zerrbild des Judentums als einer nur
an Äußerlichkeiten haftenden Religion ist nur möglich
aufgrund gravierender Unkenntnis der (mittlerweile fast vollständig
ins Deutsche übersetzten!) frühjüdischen Literatur und
einseitiger und unkritischer Lektüre einiger (!) neutestamentlicher
Texte.
Das Verhältnis des historischen Jesus zur Thora, das sich natürlich
nicht allein an den mt Antithesen bzw. ihren vormt Vorstufen festmachen
läßt, ist von seinem Verständnis der Gottesherrschaft
her zu beschreiben. Die Entsprechung des Menschen zur Gottesherrschaft
ist vorrangig einzufordern; daß in ihr die Thora gehalten wird,
ist jüdischem Denken selbstverständlich. Die genannte Entsprechung
führt im ethischen und im sozialen Bereich zur Thoraverschärfung,
im kultisch-rituellen Bereich im Einzelfall dann zur Relativierung, wenn
die endzeitliche Realisierung des Willens Gottes Vorrang bekommen muß
gegenüber den Sabbatvorschriften oder den innerhalb der Gemeinschaft
Israels ausgrenzenden Reinheitsvorschriften.
Auch im Sinne des Matthäus sind die Antithesen nicht Halacha
im vorhin genannten Sinne, sondern als paränetisch motivierte radikalisierende
Proklamation des geltenden Gotteswillens gegenüber Israel und den
Jüngern zu verstehen. Die Antithesen geben Beispiele für das
in Mt 5,20 geforderte Mehr an Gerechtigkeit. Die Thora wird
nicht relativiert, sondern paränetisch verschärft; es gilt,
vollkommen zu sein wie der Vater im Himmel (Mt 5,48). Matthäus hat
in der Forderung nach Vollkommenheit (Mt 5,48) Jesu Botschaft von dem
unbedingten (Zuspruch und) Anspruch der Gottesherrschaft durchaus bewahrt.
Daß christliche Schriftgelehrte in der Gemeinde des Matthäus
Halacha entwickeln, ist nicht unwahrscheinlich. Die Sabbatgesetzgebung
steht bei der mt Gemeinde in Kraft (vgl. Mt 24,20), die sog. Unzuchtsklausel
(Mt 5,32; 19,9) ist verständlich als eine aufgrund des Thora-Wortes
Dtn 24,1 notwendig gewordene halachische Entscheidung.
Wie kommt es zu der Form der Antithesen? Man hat auf die relative Nähe
zu 4QMMT verwiesen, einem für die Geschichte der Qumrangemeinde aufschlußreichen
Dokument. Die Form der Antithesen der Bergpredigt erklärt sich nicht
dadurch, daß ihre Aussagen neu werden, sondern durch den Selbstanspruch
dessen, dem Matthäus sie in den Mund legt, des in definitiver Vollmacht
redenden Messias und Gottessohnes. Die mt Gemeinde beansprucht, daß
in ihr der Wille Gottes getan wird; das ist aber nicht nur Selbstanspruch
nach außen (und insofern zu kritisieren, als implizit dem umgebenden,
nicht an Jesus glaubenden Judentum dies abgesprochen wird), sondern (vgl.
Mt 7,22f.) immer auch Mahnung nach innen.
Ist die Form der Antithesen auf Jesus rückführbar? Mt 5,22.34-36(*)
können aufgrund ihrer hyperbolischen Ausdrucksweise authentisch sein,
und Mt 5,22 setzt zumindest das Gegenüber von V. 21b voraus. Tilgt
man V. 21a, bleibt die ursprüngliche Gesprächssituation undeutlich.
Ich halte, auch angesichts der freilich schwer zu deutenden Stelle Lk
16,16, eine Rückführung der Anti-thesenform auf Jesus für
möglich, wenngleich nicht für gesichert.
Weiterführende Literatur:
Müller, K., Beobachtungen zum Verhältnis
von Tora und Halacha in frühjüdischen Quellen, in: I. Broer
(Hg.), Jesus und das jüdische Gesetz, Stuttgart 1992, 105-134.
Sänger, D., Schriftauslegung im Horizont der Gottesherrschaft. Die
Antithesen der Bergpredigt (Mt 5,21-48) und die Verkündigung Jesu,
in: H. Deuser, G. Schmalenberg (Hg.), Christlicher Glaube und religiöse
Bildung, FS. F. Kriechbaum, GSTR 11, Gießen 1995, 75-109.
Müller, K. Forschungsgeschichtliche Anmerkungen zum Thema Jesus
und Das Gesetz. Versuch einer Zwischenbilanz, in: M. Karrer, W.
Kraus, O. Merk (Hg.), Kirche und Volk Gottes, FS J. Roloff, Neukirchen
2000, 58-77.
Flusser, D., Die Tora in der Bergpredigt, jetzt in: ders., Entdeckungen
im Neuen Testament Bd. 1, Neukirchen 1987, 21-31.
Niebuhr, K.-W., Die Antithesen des Matthäus. Jesus als Toralehrer
und die frühjüdische weisheitlich geprägte Torarezeption,
in: C. Kähler, M. Böhm, C. Böttrich (Hg.), Gedenkt an das
Wort, FS W. Vogler, Leipzig 1999, 175-200.
6,1-18
|
von der wahren Frömmigkeit
Unter dem Gesichtspunkt,
daß man seine Gerechtigkeit (vgl. Mt 6,1 mit Mt 5,20) nicht
zur Schau stellen soll, sind in Mt 6,1-18 Beispiele der Frömmigkeitspraxis
gesammelt:
|
|
6,2-4 |
Almosengeben
|
SoG |
6,5-15
|
Beten
Die in unserer Gebetspraxis
übliche Fassung des Vater Unser entstammt der Didache, einer
syrischen Kirchenordnung aus dem 2. Jhdt.
|
Q
11,1-4 |
Frage zur Weiterarbeit: Welche Funktion hat die Parallele
zwischen Mt 6,10 (dein Wille geschehe) und dem Gebet Jesu
in Mt 26,42 (Gethsemane-Szene)?
6,16-18
|
Fasten
Die Heuchler
sind nicht die Juden, sondern diejenigen Juden und Christen
(Mt 7,5!), die sich falsch verhalten.
|
SoG |
6,19-24 |
von der ungeteilten
Hingabe an Gott |
Q 12,33f.; |
|
|
Q 11,34-36 |
|
|
Q 16,13 |
6,25-34 |
Gottes gütige
Fürsorge |
Q |
12,22-32 |
Gottes Fürsorge
(vgl. bereits Mt 6,8) ermöglicht dem Christen die zuvor beschriebene
Haltung |
|
7,1-5 |
gegen das Richten,
das die eigene Sündhaftigkeit vergißt (vgl. Mt 18,21-35). |
Q 6,37-42 |
7,6 |
Warnung vor
Entweihung des Heiligen |
SoG |
7,7-11 |
Gewißheit
der Gebetserhörung |
Q 11,9-13 |
7,12 |
Die goldene
Regel |
Q 6,31 |
7,13f. |
Von den zwei
Wegen (Lk 13,23f.) |
|
7,15-20 |
Warnung vor
den falschen Propheten |
Q 6,43-45 |
7,21-23 |
Warnung vor
Lippenbekenntnissen |
Q 6, 46 Q 13,25-27 |
7,24-27 |
vom Haus auf dem Felsen |
Q 6,47-49 |
Frage zur Weiterarbeit: Was sollen ähnliche Texte
jeweils am Schluß der großen Reden Jesu bei Matthäus
bezwecken?
7,28f. |
Abschluß: die Reaktion der Hörer
Mk 1,22 |
|
Ihr Außersichgeraten verweist den Leser auf die
von Gott kommende Vollmacht JesuMt 8 - 9 Jesu Wirken. Hierhinein hat Matthäus
die meisten Wundergeschichten versammelt, es geht ihm aber nicht nur um
die Wundertaten an sich (er kürzt oft die erzählenden Details
der Markusvorlagen), vielmehr ist die Darstellung in einigem transparent
für die eigene Zeit: Es gilt, Nachfolge in der Gefährdung durchzuhalten
(Mt 8,18-27), um - unter der Voraussetzung des Gehorsams (!) - im Endgericht
zu der Schar der Gerechten zu gehören. Doch ist in aller Bedrängnis
auch göttliche Bewahrung erfahrbar (Mt 8,27), wie sie den Jüngern
nachösterlich verheißen wird (Mt 28,20b).
8,1-4 |
Heilung des
Aussätzigen |
Mk 1,40-44 |
8,5-13 |
Hauptmann von Kapernaum |
Q 7,1-10 |
Mt
8,11f. |
integriert Drohsprüche
gegen Israel (Q 13,28f.), die im jetzigen Zusammenhang unmotiviert
wirken und erst im Hinblick auf die Geschichte des mt Christentums
mit Israel verständlich werden. |
|
8,15-17 |
Heilung der
Schwiegermutter des Petrus |
Mk 1,29-31 |
8,18-22 |
vom Ernst der
Nachfolge |
Q 9,57-60 |
8,23-27 |
Stillung des Sturmes
Durch die Zusammenordnung
mit Mt 8,18-22 und durch Verschiebungen in der Terminologie wird
der Sturm zum Symbol der Bedrohung der Gemeinde.
|
Mk
4,35-41 |
8,28-34 |
Die Heilung
zweier Besessener |
Mk 5,1-20 |
9,1-8
|
Heilung des Gelähmten
Im Unterschied zu Mk 2,1-12
wird hier unmittelbar auf die ekklesiologischen Konsequenzen der
Vollmacht Jesu Bezug genommen.
|
Mk 2,1-12 |
9,9-13
|
Berufung des
Matthäus |
Mk 2,14-17 |
9,14-17
|
Vom Fasten |
Mk 2,18-22 |
9,18-26
|
Heilung der blutflüssigen
Frau
und Auferweckung der Tochter
des Jairus
|
Mk 5,21-43 |
9,27-31.32-34
|
Heilung zweier
Blinder und eines Stummen |
(Lk 11,14) |
9,35-38
|
Die große
Ernte |
Mk 6,34 + Q 10,2 |
In der Aussendungsrede Mt 10 läßt bereits
die quantitative Verteilung auf positive 10,11-13a und negative Reaktion
auf die Verkündigung 10,13b-42 das Konfliktpotential erahnen. Das
Verhältnis zwischen Mt 10 und Mt 11; 12 gleicht dem von Mk 4 zu Mk
5,1-6,6a: In dem, was berichtet wird, vollzieht sich nichts anderes als
das, was Jesus vorausgesagt hatte.
10,1-4 |
Berufung der
zwölf Jünger |
Mk 3,13-19 |
10,5-11,1 |
Aussendungsrede
|
|
10,5-16
|
Aussendung und Aussendungsregel
Als Adressaten der Heilsbotschaft sind hier wie
in V. 23 die Israeliten angesehen. Den Ausgleich zu Mt 28,18-20
hat man entweder mit der vormt Herkunft von Mt 10,5f.23 oder mit
der Annahme eines mt Periodenschemas (vor/nach der Auferweckung)
zu erklären versucht.
Tasche und Stab (zur Abwehr wilder Tiere) waren selbst bei den kynischen
Philosophen, den in der griechisch-römischen Antike allgemein
bekannten Predigern wie Repräsentanten der Bedürfnislosigkeit,
noch üblich. Die Wandermissionare im Dienst Jesu sollten selbst
auf solche Vorsorge verzichten.
|
Mk
6,8-11/Lk 9,2-5 |
10,17-25 |
Ansage kommender
Bedrängnisse |
Mk
13,9-13 /Q 12,11f |
10,26-33
|
Mahnung zum
furchtlosen Bekennen |
Q
12,2-9 |
10,34-36
|
die Sendung
Jesu |
Q
12,51-53
vgl. Mi 7,6 |
10,37-39
|
Voraussetzungen der Nachfolge
Vgl. Dtn 33,9; 4Q175, 15-17.
|
Q
14,25-27 |
10,40-42
|
Verheißung
der Nachfolge |
Q
10,16 |
11,1
|
Schlußformel
|
|
11,2-6
|
Täuferanfrage
|
Q
7,18-23 |
11,7-19
|
Jesu Zeugnis über den Täufer
Ähnlich wie für Q gilt auch für
die Ebene des Evangelisten: Die unterschiedliche Lebensweise des
Täufers und Jesu berechtigen nicht dazu, den einen gegen den
anderen auszuspielen; vielmehr wird in dieser Entscheidung gegen
beide der jeweilige kairo/v des Gotteshandelns verfehlt!
|
Q
7,24-35 |
11,20-24 |
Weherufe über galiläische Städte
Die Weherufe sind unter dem Gesichtspunkt hier
eingestellt, daß denen, die sich dem Täufer bzw. Jesus
verweigern, das Gericht droht.
|
Q
10,13-15 |
11,25-27
|
Lobpreis Gottes
durch Jesus |
Q
10,21f. |
11,28-30
|
Heilandsruf
|
SoG |
12,1-8
|
Ährenraufen am Sabbat
Vgl. Gen 2,2f.; Ex 16,23-30; 20,8-11; Dtn 5,12-15;
Jes 58,13f.; Jub 50,6-13 (der Schluß des Jubiläenbuches).
Matthäus hat einerseits den Anschein des bewußten Sabbatbruches
vermieden: Die Jünger haben Hunger und sind unschuldig (Mt
12,7), und schon die Thora relativiert die Sabbathalacha zugunsten
der Opferhalacha (V. 5). Mk 2,27 ist getilgt. Andererseits hat Matthäus
die Tendenz der Vorlage Mk 2,23-28 der Tendenz der nachfolgenden
Perikope Mk 3,1-6 angeglichen: Das nicht an Jesus glaubende Judentum
muß sich für seine Interpretation der Sabbat-Thora rechtfertigen.
|
Mk
2,23-28 |
12,9-14
|
Heilung am Sabbat
Das Recht auf diese Heilung wird, anders als bei
Markus, in Mt 12,11 halachisch zu begründen versucht (wenngleich
nicht überzeugend: es bestand keine Lebensgefahr für den
Kranken). - Allein die Pharisäer werden für den Todesbeschluß
verantwortlich gemacht, nicht wie bei Markus zusätzlich die
Herodianer.
|
Mk
3,1-6 |
12,15-21
|
Das stille Wirken des Gottesknechtes
Jesu Rückzug wird mit seinem Wissen um den
Todesbeschluß begründet. Das in Mk 7,36 nicht nähere
begürndete Schweigegebot an die Geheilten soll nach Matthäus
(Mt 12,16) Jesus als den Gottesknecht von Jes 42,1-4.9 charakterisieren.
|
Mk
3,7 + SoG |
12,22-37
|
Beelzebulkontroverse
Der Exorzismus wird um des Beelzebulvorwurfs der
Pharisäer willen erzählt, dem Jesus mit einer nochmaligen
Gerichtsdrohung antwortet.
|
Mk
3,23ff./Lk 11,14ff |
12,38-45
|
Zeichenforderung
Die Forderung nach einem Zeichen, das Jesus als
von Gott bevollmächtigt ausweisen soll, beantwortet Jesus mit
dem Verweis auf sein Kreuz und seine Auferstehung.
|
|
12,46-50
|
Jesu wahre Verwandte
Gegenüber Mk 3,31-35 wird der Kreis der in
Mt 12,49 Angeredeten auf die Jünger eingegrenzt.
|
Mk
3,31-35 |
In Mt 13 - 17 ist zwischen dem Volk und den Jüngern
eine scharfe Grenze gezogen, schärfer als bei Markus: Das Volk sieht
nichts und wird auch (mit der Ausnahme Mt 15,10) nicht mehr belehrt, wiewohl
sich Jesus immerhin heilend ihm zuwendet. Den Jüngern sind die Geheimnisse
des Himmelrei-ches gegeben, sie können Jesus als Gottessohn erkennen:
- Mt 14,33 korrigiert die gegenteilige Aussage in Mk 6,52,
- Mt 16,12 (da verstanden die Jünger ...) ist ebenfalls
Korrektur zu dem Jüngerbild von Mk 8,14-21
- die Blindenheilung Mk 8,22-26 läßt
Matthäus weg.
13,1-52 |
Gleichnisreden Jesu |
Mk 4 |
13,1f. |
Einleitung |
Mk 4,1f. |
13,3-9 |
Sämannsgleichnis |
Mk 4,3-9 |
13,10-17 |
Parabeltheorie
Das mt hoti ist eindeutig kausal, während
das mk hina final, aber auch konsekutiv oder epexegetisch gedeutet
werden konnte. - Vgl. neben Mk 4,11f. noch Joh 12,40; Apg 28,26f.
Mit dem Zitat aus Jes 6.9f. will die Gemeinde das Problem des Unglaubens
seitens der Mehrheit Israels erklären.
|
Mk 4,10-12
|
13,18-23 |
Deutung des Sämannsgleichnisses
|
Mk 4,13-20 |
13,24-30 |
Gleichnis vom Unkraut
Die Ernte ist biblisches Bild für das Gerichtshandeln
Gottes, vgl. Joel 4,13.
|
SoG |
13,31f. |
Gleichnis vom Senfkorn
|
Mk 4,30-32 |
13,33 |
Gleichnis vom Sauerteig
Die Wahl dieses im Neuen Testament ansonsten negativ
gebrauchten Bildes (Mk 8,15; 1 Kor 5,6; Gal 5,9) ist provozierend.
|
Lk 13,20f. |
13,34f. |
Gleichnisrede als Schrifterfüllung
|
|
|
Belehrung der Jünger: |
|
13,36-43 |
Deutung des Gleichnisses
vom Unkraut |
SoG |
13,44-46 |
Gleichnis vom Schatz im
Acker und von der Perle |
SoG |
13,47-50 |
Gleichnis vom Fischnetz |
SoG |
13,51f. |
Gleichnis vom Hausvater
|
SoG |
13,53-58 |
Verwerfung in Nazareth
In V. 58 ist das Motiv des Unvermögens Jesu
sowie das Motiv der Verwunderung Jesu über den Unglauben der
Nazarener entfallen: Es hängt nicht an einer möglicherweise
fehlenden Wundermacht Jesu, daß keine Wundergeschehen, vielmehr
wird eindeutig die Antwort gegeben, daß er sich dem Unglauben
verweigert.
|
Mk 6,1-6a |
14,1-12 |
Das Ende des Täufers
Herodes Antipas hat (Mt 14,5) bisher darauf verzichtet,
Johannes den Täufer zu töten, weil das Volk ihn für
einen Propheten hielt (vgl. Mt 21,26; die Klammer zwischen beiden
Aussagen stellt erst Matthäus her).
|
Mk 6,14-29 |
14,13-21 |
Speisung der Fünftausend
Wiederum ist Jesu Rückzug (anders als in
Mk 6,30) als Reaktion auf die Ermordung des Täufers geschildert.
|
Mk 6,30-44 |
14,22-33 |
Seewandel und Gottessohnbekenntnis
Die Episode des zunächst mutigen, dann sinkenden
Petrus ist als Ruf zum Vertrauen inmitten aller Gefährdungen
zu verstehen.
|
Mk 6,45-52
|
14,34-36 |
Heilungen in Genezareth
|
Mk 6,53-56
|
15,1-20 |
Streit über Rein und Unrein
15,13 ist eine zusätzliche Verurteilung der
Pharisäer als blinder Blindenführer. In Mk
15,17 ist der mk Nachsatz damit erklärte er alle Speisen
für rein entfallen. 15,20 Essen mit ungewaschenen
Händen ... die Frage der Gültigkeit der Speisethora
für Matthäus bleibt in der Schwebe.
|
Mk 7,1-23
|
15,21-28 |
Heilung der Tochter der
kanaanäischen Frau |
Mk 7,24-30
|
15,29-31 |
Heilungen |
(Mk 7,31-37) |
15,32-39 |
Speisung der Viertausend |
Mk 8,1-10
|
16,1-4 |
Zeichenforderung der Pharisäer |
Mk 8,11-13
|
16,5-12 |
Warnung vor dem Sauerteig
der Pharisäer |
Mk 8,14-21
|
Frage zur Weiterarbeit: Welche theologische Tendenz
läßt Mt 16,12 in Verbindung mit Mt 14,33; 12,49 gegenüber
den jeweiligen mk Parallelen erkennen?
16,13-20 |
Petrusbekenntnis
Die Stelle wurde nachweislich erstmals bei Stephan
von Rom (254-257) zur Legitimierung bereits vorher bestehender Ansprüche,
den Primat der römischen Gemeinde und ihres Bischofs betreffend,
herangezogen.
|
Mk 8,27-30 |
16,21-23 |
erste Leidensankündigung |
Mk 8,31-33 |
16,24-28 |
von der Leidensnachfolge |
Mk 8,34-9,1 |
17,1-9 |
Verklärung Jesu
Mt 17,5b enthält in der Gottesrede den Zusatz
an dem ich Wohlgefallen habe" und verweist dadurch zurück
auf Jesu Taufe Mt 3,17, wo Matthäus den Passus aus Mk 1,11
übernommen hat.
Mt 17,6 ist stilgerechte, alttestamentlich formulierte Reaktion
der Jünger auf die Manifestation des Göttlichen; der Vers
ersetzt das mk Jüngerunverständnismotiv Mk 9,6.
|
Mk 9,2-10 |
17,10-13 |
Gespräch über Elia
Unmittelbarer Bezugstext ist Mal 3,23f., wo die Verheißung
aus Mal 3,1 (Siehe, ich sende meinen Boten, daß er den
Weg vor mir her breite auf Elia hin konkretisiert wird. Daß
diese Erwartung gerade auf Elija gerichtet war, lag daran, daß
er nicht gestorben, sondern entrückt worden war (M. Öhler,
Elija und Elischa 185f., mit Verweis auf 2 Kön 2,1-14). In
Sir 48,10 wird auch die Sammlung der zwölf Stämme aus
der Zerstreuung von dem wiedergekommenen Elia erwartet. Die
neutestamentliche Wirkungsgeschichte der biblischen Texte zu Elia
ist noch sehr viel reichhaltiger, vgl. M. Öhler, Elija und
Elischa im Neuen Testament, in: ders. (Hg.) Alttestamentliche Gestalten
im Neuen Testament. Beiträge zur Biblischen Theologie, Darmstadt
1999, 184-203.
|
Mk 9,11-13 |
17,14-21 |
Heilung des epileptischen Knaben |
Mk 9,14-29 |
17,22f. |
zweite Leidensankündigung |
Mk 9,30-32 |
17,24-27 |
Tempelsteuer
Mt 18-20 entfaltet innergemeindliche Probleme.
Die Forderung nach Gerechtigkeit und Vollkommenheit (Mt 5,20.48)
gilt auch für das Verhalten dem anderen Gemeindeglied gegenüber.
|
SoG |
18 |
Gemeinderede |
|
18,1-5 |
Rangstreit der Jünger |
Mk 9,33-37 |
18,6-9 |
Warnung davor, Anstoß zu geben,
der zum Abfall vom Glauben Mk 9,42-50
führt |
|
18,10-14 |
Gleichnis vom verlorenen Schaf
bei Matthäus ist es gegen die Verachtung
der Kleinen gerichtet
|
Q 15,3-7 |
18,15-18 |
Gemeinderegel
Vgl. Lev 19,17; 1 QS 6,1; CD 9,2-4. - Die Vollmacht,
zu binden und zu lösen, wird allen Gemeindegliedern zugesprochen.
Der Ausgleich zu Mt 16,19 wird entweder traditionsgeschichtlich
gesucht (Mt 18,18 gilt dann zumeist als vormt) oder in der Divergenz
der Bedeutungen von Binden und Lösen:
In Mt 18,18 werde es disziplinarrechtlich verstanden, in Mt 16,19
im Sinne der Lehrvollmacht.
|
SoG |
18,19-20 |
Gewißheit der Gegenwart Jesu |
SoG |
18,21f. |
Vom Vergeben |
Q 17,4 |
18,23-35 |
Schalksknecht
Vgl. Sir 28,1-9, vor allem Sir 28,2.
|
SoG |
19,1f. |
Abschluß der Rede, Aufbruch nach
Judäa |
Mk 10,1 |
19,3-9 |
Stellungnahme gegen die Ehescheidung
In V. 9 begegnet wiederum wie in Mt 5,32 die sog.
Unzuchtsklausel, die eine Ehescheidung im Fall der porneia
ermöglicht. Hierin spiegelt sich nicht die Abwendung der mt
Gemeinde von der Radikalität Jesu, sondern die Würdigung
von Dtn 24,1 als Thora. porneia ist hier vermutlich jede nach biblischer
Ehegesetzgebung (vgl. Lev 17; 18) illegitime eheliche Verbindung.
In der zumindest aus späterer Zeit auf Hillel und Schammai
(beide 1. Jhdt. n. Chr.) rückprojizierten Diskussion um die
Ermöglichungsgründe einer nach Dtn 24,1 erlaubten Ehescheidung
(mGit IX,10) würde sich Jesus auf die rigorose Seite Schammais
stellen, der Ehescheidung ausschließlich aufgrund der Unzucht,
d.h. des Ehebruchs der Frau, für zulässig hielt, anders
als Hillel, für den auch andere Gründe maßgebend
sein konnten.
|
Mk 10,2-9 |
19,10-12 |
Worte über die Ehelosigkeit |
SoG |
19,13-15 |
Kindersegnung |
Mk 10,13-16 |
19,16-22 |
Der reiche Jüngling
Zu den Geboten, die es zu halten gilt, zählt
Jesus auch das Gebot der Nächstenliebe Lev 19,18
|
Mk 10,17-22 |
19,23-30 |
Die Gefahren des Reichtums und der
Lohn der Nachfolge |
Mk 10,23-31
Lk 22,28-30 |
20,1-16 |
Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg
Matthäus integriert das Gleichnis als eine
Auslegung des Wortes von den ersten, die zu Letzten werden (vgl.
Mt 20,16 mit Mt 19,30).
|
SoG |
20,17-19 |
Dritte Leidensankündigung |
Mk 10,32-34 |
20,20-28 |
Zebedaidenfrage |
Mk 10,35-45 |
20,29-34 |
Heilung zweier Blinder |
Mk 10,46-52 |
21,1-11 |
Jesu Einzug in Jerusalem
Matthäus deutet das Geschehen als Erfüllung
von Sach 9,9
|
Mk 11,1-10 |
21,12-17 |
Tempelreinigung
Die Heilung der Lahmen und Blinden und der Lobgesang der Kinder
zeigen an, daß der Tempel nunmehr seiner gottgewollten Bestimmung
zugeführt ist, Stätte der heilvollen Gottesgegenwart zu
sein.
Der Tempel zu Jerusalem.
Texte zur Geschichte: Der erste Tempel: 1 Kön 8; 2 Kön
25,8-17 (Rückblick auf Weihe und Zerstörung des Ersten
Tempels); Der zweite Tempel: Hag 1,1-2,19; Sach 1,16f.; 3,1-4,14
(Texte zum Bau); - Dan 11,31 (Entweihung des Tempels 167 v. Chr.);
1 Makk 1,21-29 (Plünderung des Tempels); 1 Makk 4,36-61 (Wiederweihe
165 v. Chr.); Josephus, Antiquitates 15,380-425 (Die Erweiterung
dieses Tempels durch Herodes d. Gr. ab 19 v. Chr.).
Texte zur religiösen Bedeutung: 1 Kön 8; Ps 26,8; Ps 84;
Jes 56,7; Jer 7; Jer 26; Apg 2,42.
|
Mk 11,15-19 |
Mt 21,18-22 |
Die Verfluchung des Feigenbaums |
Mk 11,12-14.20-26 |
Mt 21,23-27 |
die Vollmachtsfrage |
Mk 11,27-33 |
Mt 21,28-32 |
Gleichnis von den beiden Söhnen
Jesus gibt nunmehr selbst die Antwort auf seine
in der vorigen Perikope gestellte Frage. Daß die Angeredeten
auf die Verkündigung des Johannes hin nicht Buße getan
haben, wird zur Anklage gegen sie.
|
Q 7,29f |
21,33-46 |
Winzergleichnis
21,43 enthält die wirkungsgeschichtlich problematische
Enterbungstheorie (Gottes Geschichte mit der Menschheit geht von
Israel an die Kirche über). Daß aber auch die Christen
nach den Früchten (in Gestalt der guten Werke)
gefragt werden, ist fester Bestandteil der Theologie des Matthäus.
|
Mk 12,1-12 |
22,1-14 |
Gleichnis vom großen Abendmahl
22,7 spielt auf die Zerstörung Jerusalems
an. Die Anklage gegen Israel wird wieder ergänzt durch die
Warnung an die Christen, daß auch und gerade sie dem göttlichen
Gericht unterstehen (22,11-14).
|
Q 14,16-24 |
22,15-22 |
Die Frage nach der Kaisersteuer |
Mk 12,13-17 |
22,23-33 |
Die Frage nach der Auferstehung der
Toten |
Mk 12,18-27 |
22,34-40 |
Die Frage nach dem obersten Gebot
Gegenüber Mk 12,28-34 spiegelt diese Fassung
die Verschärfung der Konfrontation zwischen den Christen und
dem nicht an Jesus glaubenden Israel: Die Absicht der Fragenden
wird von vornherein als versucherisch gekennzeichnet; der Anfang
von Dtn 6,4 wird nicht zitiert.
|
Mk 12,28-34 |
22,41-46 |
Die Frage nach der Davidssohnschaft |
Mk 12,35-37 |
23 |
Rede gegen die Pharisäer und Schriftgelehrten |
|
23,2-7 |
Widerspruch zwischen Reden und Tun
|
|
8-12 |
Aktualisierung als Warnung an die Christen |
SoG |
23,13-36 |
Weherufe |
Q 11,49-51 |
23,37-39 |
Klage über Jerusalem |
Q 13,34f. |
24,1-25,46 |
Die große Endzeitrede Jesu |
|
24,1f. |
Ankündigung der Tempelzerstörung. |
Mk 13,1f. |
24,3-8 |
Die Frage nach den Vorzeichen der Parusie
(Ankunft) Jesu und des Endes der Welt.
D ie Frage 24,3 wird von allen Jüngern gestellt. Zur Formulierung
Ende der Welt vgl. Mt 28,20b.
Alle die hier genannten Ereignisse (nicht nur ein Teil davon) sind
erst der Beginn der Wehen. |
Mk 13,3-8 |
24,9-14 |
die innere Gefährdung der Gemeinde
in dieser Zeit
In dem mt Sondergut 24,10-12 wird auf Gefährdungen innerhalb
der Gemeinde Bezug genommen, wovor der mt Jesus bereits in der Bergpredigt
gewarnt hatte (vgl. die Erwähnung der Pseudopropheten in Mt 7,15
und das Motiv der Gesetzlosigkeit in Mt 7,23). Das Erkalten
der Liebe ist Mißachtung der Thora, deren zweite Tafel in der
Liebe zur Erfüllung kommt (Mt 22,40).
In V. 14 werden die universale Völkermission und die Ansage des
Endes miteinander verknüpft: Erst nach der Konfrontation der
Völkerwelt mit dem Evangelium kommt das Ende. |
|
24,15-28 |
die Drangsale vor dem Kommen des Menschensohnes
24,20 bittet, daß euere Flucht nicht
geschehe ... oder am Sabbat zeigt, daß die Sabbathalacha
für die mt Gemeinde Bedeutung hatte. Vgl. dazu auch 1 Makk
2,31-41 (vom Kämpfen am Sabbat) einerseits, Jub 50,12 andererseits.
|
Mk 13,14-23 |
26-28 |
die Parusie ist ein unmittelbar evidentes
Geschehen. |
|
24,29-36 |
die Parusie des Menschensohns
Matthäus hat vor allem in V. 30 das Zeichen
des Menschensohns (wohl ein optisches Zeichen) und das Wehklagen
aller Stämme auf Erden eingetragen.
|
Mk 13,24-32 |
24,37-44 |
Mahnung zur Wachsamkeit angesichts
des ungewissen Termins der Parusie
|
|
|
Gleichnis von der Sintflut
|
Q 17,26-36 |
|
Mahnung zur Wachsamkeit
|
Mk 13,35 |
|
Gleichnis vom Dieb
|
Q12,39-40 |
|
Man soll stets bereit sein für
die Parusie des Menschensohns. |
|
25,1-46 |
Die drei Gleichnisse vom Weltgericht
Die drei Gleichnisse vom Weltgericht sind als
Fortsetzung der Endzeitrede Mt 24 zu lesen, erst in ihren den Christen
selbst betreffenden Mahnungen und Warnungen, nicht schon in der
Spekulation über das Ende der Tage, kommt die Endzeitrede Mt
24f. zum Ziel.
|
|
25,1-13 |
Gleichnis von den zehn Jungfrauen |
SoG |
25,14-30 |
Gleichnis von den anvertrauten Pfunden
In Mt 25,14-30 ist die eschatologische Thematik durch die Schlußwendungen
in V. 21.23 und durch V. 30 hervorgehoben.
|
Q 19,11-27 |
25,31-46 |
Gleichnis vom Weltgericht
Mt 25,31-46, die letzten Worte Jesu vor der Passion,
erläutern nochmals, was mit den guten Werken (Mt 5,16) gemeint
ist. Daß die Christen sich an die Mahnung zur Gefangenenfürsorge
gehalten habe, dazu vgl. Lukian, de morte Peregrini 12f.
|
SoG |
Mt 26-28
Jesu Passion nach Matthäus ist bewußte Tat des gehorsamen Gottessohnes,
die die schuldhafte Selbstverweigerung vor allem der Oberen Israels gegenüber
Jesu Verkündigung deutlich macht. Davon sind die wesentlichen Änderungen
gegenüber der Markusvorlage geprägt.
26,1f. |
Ankündigung des kommenden Leidens
Was bei Markus als auktorialer Satz, als Satz des Erzählers
gefaßt ist, ist bei Matthäus zu einer weiteren Leidensankündigung
im Munde Jesu geworden, die das Ganze der Passion umgreift. Das
Motiv der Hoheit Jesu wird intoniert.
|
Mk 14,1f. |
26,3-9 |
Salbung in Bethanien |
Mk 14,3-9 |
26,10f. |
Verrat des Judas |
Mk 14,10f. |
26, |
Auffindung des Abendmahlssaales |
Mk 14,12-16 |
26, |
Aufdeckung des Verrates durch Judas |
Mk 14,17-21 |
26,26-29 |
Einsetzung des Herrenmahles |
Mk 14,22-25 |
26,30-35 |
Ankündigung der Verleugnung durch
Petrus |
Mk 14,26-31 |
26,36-46 |
Jesus in Gethsemane
Es heißt zu Beginn nicht mehr und
sie kommen in einen Garten, sondern: Jesus geht mit seinen
Jüngern in den Garten Gethsemane.
Die Gebetsanrede ist mein Vater, nicht mehr nur Vater.
Jesu Gottessohnschaft und ihre Bewährung im leidenden Gehorsam
sind thematisiert (vgl. zu Mt 27,40-43).
es geschehe dein Wille - nur Matthäus stellt einen
Rückbezug zwischen der Passionsgeschichte und dem Vater Unser
her.
Die im Markusevangelium zunächst an Petrus allein gerichtete
Frage Jesu Mk 14,37b Simon, schläfst du? Konntest du
nicht eine Stunde mit mir wachen? wird in Mt 26,40 pluralisch
gewendet, um die Frage sofort zu verallgemeinern und ihr Transparenz
für die Gegenwart der Gemeinde zukommen zu lassen. Daß
Petrus bei der dritten Verleugnung schwört, verstößt
ähnlich wie das entsprechende Verhalten des Hohenpriesters
gegen Jesu Schwurverbot Mt 5,33-37.
|
Mk 14,32-42 |
26,47-56 |
Gefangennahme
Auch die Zurechtweisung nach dem Schwertstreich
während der Gefangennahme Mt 26,52-54 nimmt in ihrer zweiten
Hälfte in den Worten daß ich nicht könnte
meinen Vater bitten das Thema des im Verzicht auf Selbsthilfe
gehorsamen Gottessohnes auf.
|
Mk 14,43-52 |
26,57-68 |
Verhör vor dem Sanhedrin |
Mk 14,53-65 |
26,69-75 |
Verleugnung durch Petrus |
Mk 14,66-72 |
27,1f. |
Jesu Überstellung an Pilatus |
Mk 15,1 |
27,3-10 |
das Ende des Judas
Daß sich die Oberen Israels gegenüber den Warnungen des
Judas verweigern (Mt 27,4), soll den Leser gegen diese Oberen einnehmen.
|
SoG |
27,11-26 |
Jesus vor Pilatus
Die Anklage gegen Israel wird verschärft,
vor allem durch die bedingte Schuldübernahme Mt 27,24f.
|
Mk 15,2-15 |
27,27-31 |
Verspottung durch die römischen
Soldaten |
Mk 15,16-20a |
27,32-38 |
Gang nach Golgatha, Kreuzigung
Auch die Tränkung Jesu (27,34) erfolgt schriftgemäß,
nach Ps 69,22, ist aber damit zugleich als weitere Schmähung
Jesu inszeniert.
|
Mk 15,20b-27 |
27,39-44 |
Verspottung
In der Verspottungsszene wird erkennbar ein Bezug
zur Versuchungsgeschichte hergestellt. Jesu Gottessohnschaft wird
vom Satan wie von den Gegnern als Fähigkeit zur uneingeschränkten
Selbsthilfe mißverstanden, während sie in Wahrheit sich
im Gehorsam gegenüber Gott dem Vater bewährt; vgl. die
Gebetsanrede Mt 26,39.42 sowie das Motiv der Erfüllung aller
Gerechtigkeit (Mt 3,15; 5,17).. Das Motiv des dem Willen Gottes
gehorsamen Gottessohnes Israel begegnet bereits in der Heiligen
Schrift Israels: Ex 4,22f.; Dtn 8,5; Hos 11,1.
|
Mk 15,29-32 |
Frage zur Weiterarbeit:
Welches konkrete Verhalten wird von den Christen als Söhnen Gottes
(Mt 5,8.45) angesichts der in Mt 5,44 (vgl. Mt 10,17-42) genannten Situation
gefordert?
27,41 |
Matthäus trägt zusätzlich
die Ältesten ein. Alle jüdischen Repräsentanten sind
an der Verspottung Jesu beteiligt. Auch das unterstreicht die geschlossene
Gegnerschaft. |
|
27,45-50 |
Jesu Tod |
Mk 15,33-37 |
27,51-54 |
Wunderzeichen nach dem Tode Jesu |
Mk 15,38f. |
27,51-54 |
Prodigien beim Tod Jesu. Gott gilt
als deren Subjekt. Er bestätigt Jesus angesichts des Todes, nicht
erst angesichts der Auferstehung als Gottessohn und gibt selbst das
Zeichen, nach dem die Spötter verlangt hatten. Die passiva in
27,52 sind passiva divina. Gerichtszeichen. Auch das Zerreißen
des Vorhanges im Tempel ist als Gerichtszeichen zu deuten: vgl. Mt
23,38: und siehe, euer Haus wird euch verlassen werden
(Kraus, 417). |
|
27,54 |
Der Hauptmann und die Soldaten mit
ihm tun angesichts des Erdbebens und der sonstigen Koinzidenzprodigien
das, was die Adressaten der Verkündigung Jesu auch ohne solche
Prodigien hätten tun sollen: in ihm das Handeln Gottes erkennen. |
|
27,55f. |
Frauen bei dem Kreuz |
Mk 15,40f. |
27,57-61 |
Jesu Grablegung |
Mk 15,42-47 |
27,62-66 |
Die Bestellung einer Wache für
das Grab |
SoG |
28,1-7 |
Jesu Auferstehung |
Mk 16,1-7 |
28,9f. |
Jesus begegnet den Frauen |
Mk 16,8 |
28,11-15 |
Die Bestechung der Wache |
SoG |
28,16-20 |
der Missionsbefehl
Weitere Texte zur historischen Frage nach den
Ursprüngen der christlichen Heidenmission: Apg 10,1-11,18;
Lk 24,44-47; Apg 1,8
Texte zur theologischen Frage nach dem Recht der Heidenmission:
Jes 2,1-4; Jes 56,7; Sach 8,20-23 einerseits; Dtn 23,2 andererseits.
Literatur zur Weiterarbeit: Kraus, W., Das Volk Gottes. Zur Grundlegung
der Ekklesiologie bei Paulus, WUNT 85, Tübingen 1996.
|
|
Die Anklage gegen Israel wird bei Matthäus in einigen Zügen
verschärft; neben der auktorialen Einführung des Begriffes laos
(biblischer Begriff für "Gottesvolk") und dem leserlenkenden
Signal des falschen Zeugnisses bereits in der Einführung der Sanhedrinszene
Mt 26,59 ist vor allem an die Selbstverweigerung der Oberen Israels gegenüber
den Warnungen des Judas (Mt 27,4: was gehet uns das an, da siehe du zu!),
des Pilatus und gegenüber den Prodigien von Mt 27,51-54 sowie an
die bedingte Schuldübernahme Mt 27,24f. zu denken.
8. Grundzüge der Theologie
des Matthäus
Christologie
Der mt Jesus ist der vollmächtige Lehrer, an dessen Worte die Gemeinde
auch nachösterlich gebunden bleibt (Mt 28,20a), er ist der barmherzige
und demütige Gottesknecht (vgl. die Zitate von Jes 53,4 und Jes 42,1-4
in Mt 8,27 und Mt 12,16-21), in dessen heilendem Wirken Gott selbst inmitten
seines Volkes ist; er ist der Messias, in dessen Leben, Lehren und Wirken
sich die Heilige Schrift Israels erfüllt (Mt 2,15; 4,14-16; 8,17;
12,16-21; 13,34f.; 21,4f.; 26,31); er ist der Gottessohn, der seine Gottessohnschaft
in der Beugung unter den Willen des Vaters verwirklicht und vollendet
(vgl. Mt 26,39.42 mit Mt 6,10 und als Kontrast dazu die Mißverständnisse
Mt 8,4.6; 27,40.43), der ihm das Leiden auferlegt, und ist somit Vorbild
auch für die Söhne und Töchter Gottes, die Jünger
(Mt 5,9.45).
Ekklesiologie
Die Jüngergemeinde ist die mit der Erkenntnis Jesu (14,33; 16,12.16)
begnadete (11,27; 13,16), vom Volk strikt unterschiedene Gemeinde.
An Strukturen läßt sich erkennen: In der Gemeinde sind Judenchristen
wie Heidenchristen vertreten, Heidenmission ist verpflichtendes Programm
(Mt 28,18-20); theologisch bleibt die Gemeinde von judenchristlichen Vorstellungen
geprägt. Zentrales beschließendes Organ ist die Gemeindeversammlung
(Mt 18,17). Der Titel Rabbi für bestimmte Funktionsträger
wird im Hinblick auf den einen Lehrer Jesus abgelehnt (Mt 23,8.12). Gleichwohl
gibt es Ämter: Charismatische Wanderpropheten (Mt 7,15)
und Schriftgelehrte. Werden bei den Wanderpropheten schon Probleme sichtbar
(vgl. Mt 7,15), die später die Didache den Übergang zu ortsfesten
Ämtern anraten lassen, so zeichnet Matthäus das Bild der Schriftgelehrten
positiv: Sie entwickeln Halacha (Mt 18,18), die die Gemeinde in ein Leben
nach dem Willen Gottes einweist. Die Gemeinde versteht sich selbst in
Kontinuität auch zur Thora: Speise- und Sabbatgebote werden eingehalten
(Mt 15,17 gegen Mk 7,19; Mt 24,20 gegen Mk 13,18).
In der Kirche gibt es Gerechte und Sünder. Die endgültige Scheidung
zwischen beiden ist Gottes Sache (Mt 7,1-5; 13,24-30.36-43). Das schließt
nicht aus, daß Gemeinde die Sünder zurechtweisen und notfalls
ausschließen soll (18,15-17); allerdings ist gefordert, den Kleinen
(wen Matthäus damit meint, ist umstritten) kein Ärgernis zu
bereiten, d.h. keinen Anstoß zu geben, vom Glauben abzufallen (Mt
18,10-14), des weiteren die Vergebungsbereitschaft untereinander (Mt 18,21-35).
Jüngerethik
Im Matthäusevangelium sind in den Jüngern die Christen
präfiguriert; Matthäus bearbeitet damit typische Probleme der
zweiten und dritten Generation, das bloße Lippenbekenntnis (Mt 7,21-23)
und das Erkalten der Liebe (Mt 24,12). Deutlich ist in einigen Zügen
das Bild der Jünger gegenüber dem Markusevangelium verändert:
Die Jünger werden nicht mehr als ungläubig, sondern nur als
kleingläubig gescholten, nicht mehr als unverständig gekennzeichnet,
sondern erhalten kraft besonderer Offenbarung (Mt 11,27; 13,16f.; 16,17)
schon vor dem Kreuz das Wissen um die Gottessohnschaft Jesu: Durch den
Anschluß an ihn entsprechen sie dem Willen Gottes. In aller Bedrängnis
durch Verfolgung dürfen sie sich durch die schützende Macht
Christi gehalten wissen (Mt 8,23-27; 14,28-31; 28,20b).
Die Jünger Jesu sind Vorbilder für die Gemeinde aber nicht nur
in der Erkenntnis. Von ihnen ist radikale Hingabe an den Willen Gottes
gefordert (Mt 12,50), der Gehorsam gegenüber der Weisung Jesu (Mt
7,22f.; 21,28-32), und zwar in quantitativer wie qualitativer Vollkommenheit
(Mt 5,48), in Übereinstimmung zwischen Wort und Tat (Mt 7,21; vgl.
Mt 23,3) und in ungeheuchelter Demut (Mt 6,1-18): Gefordert sind gute
Werke (Mt 6,16), gefordert ist die Frucht (vgl. Mt 7,16-20),
bestehend u.a. in der Feindesliebe, an Gottes Vorbild orientiert (Mt 5,45f.),
in der Vergebungsbereitschaft (Mt 6,14f.; 18,21-35) sowie in Werken der
Barmherzigkeit (25,31-46), orientiert an Jesu Forderung (Mt 18,33) und
seinem Vorbild (Mt 9,27; 15,22; 17,15; 20,30.31). So sollen die Jünger
Zeugen sein für den offenbaren Gotteswillen gegen-über Juden
und Heiden (Mt 5,13-16). Vor allem schärft Matthäus ein, daß
die Drohung des Gerichtes auch den Jüngern gilt (vgl. schon Mt 7,24-27;
13,36-43.47-50; 18,21-35; 22,11-14).
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