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Lektion 7: Die sieben echten Paulusbriefe
Der erste Thessalonicherbrief
Der erste Korintherbrief
Der zweite Korintherbrief
Der Galaterbrief
Der Philipperbrief
Der Philemonbrief
Der Römerbrief
Der erste Korintherbrief
1. Die Stadt Korinth
Korinth, 146 v. Chr. von den Römern zerstört,
44 v. Chr. als römische Kolonie Colonia Julia Laus Corinthiensis
neu gegründet und vor allem mit Freigelassenen und römischen
Veteranen besiedelt, war zu Zeiten des Pualus die Hauptstadt der damals
senatorischen Provinz Achaia und ein bedeutendes Finanz- und Wirtschaftszentrum
mit zwei Häfen (Kenchreae im Osten am Saronischen Golf, Lechaion
im Westen, im Golf von Patras). Nach Ausweis der Ausgrabungen und der
Berichte vor allem des Pausanias gab es Heiligtümer, Altäre
oder Statuen vor allem der traditionellen griechischen und römischen
Götter; der religiöse Marktanteil ausländischer Gottheiten
war eher bescheiden. Juden in Korinth sind durch Philo, Legatio ad Gaium,
281, bezeugt.
2. Die christliche Gemeinde in Korinth
Schon vor Paulus gab es offensichtlich Christen in
Korinth: Priska und Aquila (vgl. Apg 18,2). Durch das Wirken des Paulus
hat die christliche Gemeinde wesentliche Förderung erfahren. Über
die Größe der Gemeinde (neben den Aussagen aus 1 Kor sind vor
allem Röm 16, dann auch Apg 18 heranzuziehen) wissen wir nichts sicheres;
1 Kor 11,20 könnte besagen, daß die Gemeinde sich noch an einem
Ort versammeln konnte (in dem triclinum eines etwas größeren
Wohnhauses hätten ca. 30 - 40 Personen Platz). Die Gemeinde rekrutierte
sich vornehmlich aus den niederen Schichten, Sklaven, Freigelassenen,
Hafen- und Lohnarbeitern, Matrosen, Handwerkern. Daneben gab es auch Christen
aus begüterten Ständen (1 Kor 11,22): Krispus (1 Kor 1,14) war
Synagogenvorsteher; Erastus war Finanzbeamter. Gaius (Röm 16,23)
hat ein so großes Haus, daß er es der Gemeinde als Versammlungslokal
zur Verfügung stellen kann. Phoebe in Kenchreä (Röm 16,1f.)
war nicht nur diakonos, sondern prostatis, Patronin, nicht ohne Vermögen
und Beziehungen. Die Gemeinde war mehrheitlich heidenchristlich, doch
gab es auch Judenchristen (Priska, Aquila, Lukios, Jason, Sosipater).
Das Nebeneinander der sechs griechischen und der sieben lateinischen Namen
christlicher Gemeindeglieder spiegelt das Nebeneinander von Griechen und
römischen Kolonisten in der Stadt.
Vor allem der erste Korintherbrief läßt
uns Chancen und Probleme einer christlichen Gemeinde in einer antiken
Großstadt erkennen. Wahrnehmbar sind das Bewußtsein der Vollkommenheit
im Geist, das in Gottesdiensten mit reichem religiösen Erleben seine
geistliche Nahrung fand, wahrnehmbar ist ein gewisses Konkurrenzdenken,
möglicherweise aus einem Mißverständnis des Wirkens vermeintlicher
Parteihäupter resultierend; wahrnehmbar sind unterschiedliche Einstellungen
zur Sexualität (vgl.1 Kor 5 - 7), die Teilnahme von Christen an heidnischen
Kulthandlungen (1 Kor 10,1-22) und der in Korinth umstrittene Genuß
von Götzenopferfleisch (1 Kor 8 - 10); wahrnehmbar ist die Leugnung
der Totenauferstehung durch einige Christen in Korinth (1 Kor 15,12).
Schwieriger ist die religionsgeschichtliche Verortung des bisher Beschriebenen:
Sind es Adaptionen früherer genuin paulinischer Motive, liegt jüdisch
beeinflußte Weisheitsspekulation vor oder christlich-pneumatisches
Vollkommenheitsbewußtsein oder bzw. (in einigen Fragen) das Weiterwirken
gemeinantiker heidnischer Verhaltensmuster?
Die wechselvolle Geschichte des Verhältnisses
zwischen Paulus und den Korinthern läßt sich (bei großen
Unsicherheiten im einzelnen) so zusammenfassen:
Gründungsaufenthalt zwischen 49 und 51, von dort aus schreibt er
den 1. Thess; - Gegen Ende der ephesinischen Zeit schreibt er den 1. Kor.
(54/55) - Nachrichten, die Paulus zur beschleunigten Kommen anregen, veranlassen
ihn zu einem Zwischenbesuch, der für Paulus mit einem bitteren Ergebnis
endet - Tränenbrief (2 Kor 10-13?) - Reue der Korinther - 2. Korintherbrief
- dritter Besuch, während dessen Paulus den Römerbrief schreibt
(55/56). Der Römerbrief als solcher ist das Zeichen dafür, daß
es zwischen Paulus und den Korinthern doch wieder zur Aussöhnung
gekommen ist. Ca. 45 Jahre später kann der 1. Klemensbrief (1 Clem
47,1-3) auf den 1 Kor zurückverweisen in der Hoffnung, bei seinen
Lesern Einverständnis zu erreichen.
3. Ort und Zeit
Paulus schrieb den ersten Korintherbrief wohl um 54/55
n. Chr. von Ephesos aus. Der Brief wird im Rahmen dieser Bibelkunde literarkritisch
als Einheit behandelt. Über Briefteilungshypothesen informieren die
Einleitungen in das Neue Testament.
Grobgliederung:
1-4 das Parteienwesen
5-10 sittliche und religiöse Mißstände
11-14 gottesdienstliche Mißstände
15 die Frage der Totenauferstehung
16 Kollekte, Reisepläne, Grüße, Schluß.
Feingliederung:
1,1-3 Präskript
Schon das Präskript intoniert wesentliches aus dem folgenden
Brief: Paulus ist nach dem Willen Gottes Apostel, darum hat sein Wort
Gewicht; die Korinther sind berufene Heilige, d.h. zu einem der Gnade
Christi entsprechenden Lebenswandel aufgefordert, und sie sind mit anderen
Christen verbunden, die ebenfalls den Namen des Herrn anrufen: Sie sollen
sich als Teil eines sie übergreifenden Ganzen sehen.
1,4-9 Proömium
Das als Danksagung gestaltete Proömium enthält ebenfalls
vorausverweisende, kataphorische Elemente, z.B. hier den Hinweis auf die
Gnadengaben, wovon Paulus in 1 Kor 12-14 reden wird, ferner die Erkenntnis,
vgl. 1 Kor 2,6-16 und 8-10, das Warten auf die Endvollendung Kap. 15.
1,10-4,21 Spaltungen in der Gemeinde.
Themen sind in erster Linie die schismata in der Gemeinde sowie das
zugrundeliegende Mißverständnis der Christusbotschaft als einer
esoterischen Weisheitslehre, dem nachgeordnet die Frage nach der Aufgabe
und Funktion der Apostel und das Problem der Überheblichkeit einiger
in der Gemeinde gegen Paulus.
1,10-17 Die Situation in Korinth
Der Abschnitt läßt auf ein Mißverständnis der
Parteihäupter durch viele der korinthischen Christen
schließen. Nach menschlicher Weise hätten diese sich von den
menschlichen Autoritäten Paulus, Apollos, Petrus qua Taufe die Vermittlung
höherer Weisheit zugesprochen, statt sich sachlich gesehen an den
einen Herrn Jesus Christus gebunden zu wissen.
1,18-25 Das Wort vom Kreuz
Betont wird bei dem Kreuz als Heilsereignis hier nicht der stellvertretende
Sühnetod, sondern die göttliche Umwertung der Werte, das Handeln
Gottes in Niedrigkeit und Ohnmacht. Dies ist den Juden ein Ärgernis,
ein eschatologischer Anstoß, daß sie nicht zum Glauben kommen,
den Griechen als eine Torheit: es lohnt sich nicht mehr, weiter nachzufragen,
sich mit dieser Un-Philosophie auseinanderzusetzen. Wohl kannten
die Griechen das heroische Sterben des Sokrates als Ausdruck seiner die
eigene Philosophie am eigenen Lebensvollzug bis ins Äußerste
bewährenden Haltung, und doch verbanden sich mit dem Kreuz Christi
andere Gedanken: Kreuz war die Strafe für Verbrecher und entlaufene
Sklaven. Daß ein Gekreuzigter, Gescheiterter, religiöse Ansprüche
stellen sollte, war für sie lächerlich, vgl. Lukian, Dial. Mort.
14.
1,26-31 Die Gemeinde in Korinth als Beispiel für
Gottes Erwählung in Niedrigkeit.
In 1 Kor 1,26-31 wird den Korinthern an ihrem eigenen weltlichen So-Sein
das Handeln Gottes verdeutlicht. Nicht viele Weise nach dem Fleisch sind
berufen. Bereits für antike Christentumskritiker war dies ein Stein
des Anstoßes: der Philosoph Kelsos (ca. 180 n. Chr.) hält den
Christen vor, bei ihnen würde gelehrt: Kein Gebildeter komme
heran, kein Weiser, kein Verständiger, denn dieses gilt bei uns als
Böses. Sondern wenn einer unwissend, unverständig, ungebildet,
einfältig ist, soll er getrost herankommen (Origenes, Contra
Celsum 3,44).
2,1-5 Erinnerung an den Gründungsaufenthalt
Das Wort vom Kreuz ist auch für Existenz und Strategie des Apostels
urbildlich und vorbildlich prägend.
2,6-16 Das Kreuz als Weisheit Gottes
Kreuzestheologie wird offensiv als Weisheitsrede geboten, um zu sagen,
daß auch Weisheitsrede ihr Inhalt und ihr Maß an der Kreuzestheologie
hat.
3,1-4 Das Urteil des Paulus über die Spaltungen
in Korinth
Eifersucht und Streit in der Gemeinde sind Zeichen des Wandels nur
nach Menschenweise.
3,5-15 Die Aufgabe und Verantwortung der Mitarbeiter
Die gemeinsame Richtung ihres Wirkens wird hervorgehoben gegen korinthische
Berufung auf die einzelnen Missionare als Parteihäupter, ihre gemeinsame
Unterordnung wird betont gegen die korinthische Überschätzung
des pneumatischen, aber dennoch rein Menschlichen.
3,16f. Die Verantwortung der Gemeinde
Die Gemeinde als Tempel Gottes (vgl. dazu Tob 1,5; Jub 1,17; äthHen
90,28-30 sowie im Neuen Testament 2 Kor 6,16; Eph 2,19-22; 1 Tim 3,15;
Mt 16,18; Mk 14,58; 1 Pt 2,5; 4,17) ist Ort der endzeitlichen Gegenwart
Gottes in der Welt. Ist die eifernde Heiligkeit des Gottes Israels für
Paulus geistige und geistliche Voraussetzung, so kann er m.E. in 1 Kor
3,16f. auch an Voraussetzungen seitens paganer Frömmigkeit anknüpfen.
Die Unterscheidung zwischen Profan und Sakral ist dem Heiden seit jeher
vertraut; sie wird hier zur Forderung an die Gemeinde selbst.
3,18-23 Weisheit und Freiheit
Der innere Zusammenhang zwischen Weisheitssucht, Lehrerbindung und
Parteiwesen wird vor allem in V. 21-23 erneut sichtbar. Jede Vergötterung
von Menschen nimmt Gott die Ehre, die ihm allein zusteht, beraubt aber
auch die Menschen dessen, was christliche Freiheit heißt.
Daß der Weise allein frei, und daß er allein wahrer König
ist, das ist auch Bekenntnis vor allem stoischer und kynischer Philosophie,
vgl. Zeno und Diogenes bei Diogenes Laertios 7,125; 6,72: Weil Gott alle
Dinge gehören, Freunde aber alles gemeinsam haben und allein der
Weise Gottes Freund ist, darum ist alles des Weisen. Der Unterschied besteht
in der Begründung: Komme ich zu dieser Freiheit nach philosophischer
Auffassung durch die Einsicht, daß mir niemand in meine Urteilsfähigkeit
über Sein und Schein, über Gut und Böse, über Wissen
und Nicht-Wissen hineinregieren kann, so steht und fällt christliche
Freiheit mit der Bindung an Christus.
4,1-5 Der Horizont des paulinischen Dienstes
Zumeist wurde 1 Kor 4,4 als allgemeine Aussage des Christen über
den nur relativen Wert seiner Selbstprüfung verstanden. Doch hat
Paulus auch hinsichtlich der eigenen Pläne und treibenden Wünsche
und Motive ein gutes Gewissen (vgl. 2 Kor 4,2; 5,11). Und das unbewußte
Sündigen ist in 1 Kor 4,4 nicht angesprochen. Man kann Paulus so
verstehen: Er beurteilt sich nicht selbst, weil er als Mensch dafür
gar nicht zuständig ist. Er nimmt auch an sich selbst nicht das Richten
Gottes am Jüngsten Gericht vorweg.
4,6-13 Die Grundlagen der eigenen christlichen Existenz
Der Abschnitt verweist die Korinther ironisch darauf, daß sie
die Voraussetzungen ihrer Existenz vergessen haben. Was hast du,
das du nicht empfangen hättest? (4,7).
1 Kor 4,9-13 ist ein sog. Peristasenkatalog; vgl. im NT in 2 Kor 4,8f.;
6,4ff.; 12,10; Röm 8,35; Phil 4,12, cf. Epiktet 2,1,35; 3,22,45-47;
äthHen 103,9-13; Jub 23,13.22; Test Jos 1,4-7; Philo, deteriur 34
u.a. Sie können mehrere Funktionen haben: Selbstdarstellung des
Weisen, Vorbild, Legitimation, Klage, Kritik, Trost, Ermahnung, Gerichtsankündigung.
In der Stoa charakterisieren sie den Weisen in seiner inneren Unerschütterlichkeit.
Dieser Katalog in 4,9-13 soll die Entsprechung des apostolichen Lebens
zu Tod und Auferweckung Jesu Christi illustrieren. Die gottgewollte Kreuzeskonformität
der apostolischen Existenz zeigt, daß das endgültige Heil noch
nicht angebrochen ist.
4,14-21 Paulus als Vater und Vorbild
Die Selbstbezeichnung Vater knüpft an heidnische
wie an biblische religiöse Terminologie an: In den Mysterienkulten
heißt der Mystagoge Vater der Novizen, biblisch können der
Priester, der Prophet oder der Lehrer Vater genannt werden,
der Priester in Ri 17,10; 18,19, der Prophet in 2 Kön 6,21; 13,14;
der Lehrer der Gerechtigkeit in 1QH 7,20f. Rabbinische Autoritäten
werden gelegentlich als Vater angeredet, vgl. selbst Mt 23,9.
Paulus ist Vater, weil er das Wort des Evangeliums verkündigte. Er
ist Vater, aber nicht i.S. eines Parteihauptes gegen andere Parteihäupter,
er ist Vater aller Korinther, für alle verantwortlich
und von allen zu achten.
1 Kor 5 - 10 sittliche und religiöse Mißstände
Das einigende Band dieser Kapitel ist das Gebot der Heiligkeit der
Gemeinde, gerade gegenüber heidnischem Hintergrund (vgl. 1 Thess
4,1-8) wirksam auch bis in äußere Lebensvollzüge hinein.
5,1-13 Der Fall des Butschänders
Angesprochen ist wohl der Fall eines Konkubinates mit der Frau
seines Vaters. Nach griechischem und römischen Recht waren
solche Verhältnisse verboten, nach der Thora ohnehin. Nach der psychologischen
Befindlichkeit der Frau während dieses Verhältnisses bzw. nach
dessen Auflösung fragt Paulus nicht.
1 Kor 5,11 ist ein sog. Lasterkatalog (vgl. Gal 5,19-21; Röm 1,29-31;
1 Tim 1,8-11; 1 Pt 4,3; Apk 22,15 sowie Mk 7,21f.): Einzelne Laster
werden,
zumeist ohne erkennbare Reihenfolge bzw. Systematik, aneinandergereiht.
Sexualethische Laster stehen in frühjüdischen Schriften häufig
an der Spitze von Lasterkatalogen (CD 4,16-18; LAB 11,10; PsSal 8,9-13,
aber auch Philo, Decal. 36.51.121.168 SpecLeg 3,8), weil man sich als
Jude von den Heiden nicht nur im Gebot des Monotheismus, sondern auch
im Verbot des Ehebruchs und im gleichsinnig verstandenen Verbot des Begehrens
unterscheidet. In einem Zweig der Septuaginta-Überlieferung kann
in Ex 20 (Dekalog) das Verbot des Ehebruches noch vor dem Verbot des
Mordens
zu stehen kommen, weil es das größere sittliche Gefährdungspotential
enthält.
6,1-11 Die Christen und die weltlichen Gerichte
Auch andere Religionen, u.a. das Judentum, aber auch die Mysteriengemeinschaft
der Iobacchen, haben ihren Mitgliedern verboten, Bagatellfälle vor
Richtern auszutragen, die nicht ihrer Religionsgemeinschaft angehörten.
Zumindest den Juden wurde in einzelnen Territorien des Imperium Romanum
in zivilrechtlichen Fragen die eigene Gerichtsbarkeit bestätigt (Josephus,
Antiquitates 14,235).
6,12-20 Warnung vor dem Gang zur Prostituierten
Die Position der hier angesprochenen Korinther läßt sich
so umschreiben: Beides, das Essen wie der Gang zur Dirne, dient der Befriedigung
körperlicher und nur körperlicher Bedürfnisse und beeinträchtigt
die Christusbindung nicht. Für Paulus ist das nicht nachvollziehbar.
Christus ist Herr auch des leiblichen Lebens, nicht nur der Herzen und
Sinne und Seelen. Die Bindung an Christus schließt die Vereinigung
mit der pornä aus.
In V. 19 spitzt Paulus die Vorstellung von der Heiligkeit der Gemeinde
individualethisch zu. Erneut greift Paulus den Topos der Tempelschändung
auf: Hier wie in 1 Kor 3,17 kann Paulus die zumeist ehemaligen Heiden
seiner Gemeinde auf ein klassisches religiöses Grundgefühl der
Antike ansprechen.
7,1-40 Ehe und Ehelosigkeit
7,1-9 Ehelosigkeit als Charisma
Paulus greift wohl in 1b eine These einiger Korinther auf: Es ist
für den Menschen gut, keine Frau zu berühren. Um der drohenden
Gefahr der Unzucht willen, so Paulus, soll derjenige, der nicht enthaltsam
leben kann, in der Ehe leben, gleichwohl ist die Ehelosigkeit als Charisma
von höherem Wert (7,2-7). Als Charisma will Paulus aber seine eigene
Ehelosigkeit nicht zum bindenden Gesetz für alle erheben (7,8f.).
7,10-16 Zur Problematik der Ehescheidung
7,10f. Das Verbot der Ehescheidung wird mit einem an Mk 10,11f. erinnernden
Wort Jesu begründet, dem uneingeschränkte Gültigkeit zugesprochen
wird.
7,12-16 Paulus überträgt die Aussage des Jesuswortes in die
Situation der Ehe mit einem nichtglaubenden Partner: Der Christ soll nicht
von sich aus die Scheidung anstreben, sich aber im Zweifelsfall die Aufkündigung
der Ehe durch den nichtglaubenden Partner gefallen lassen (V. 12-16).
Offensive, d.h. ansteckende Wirkung der eigenen Heiligkeit ist eine Möglichkeit,
mit der die Fortführung der Ehe begründet, aber keine Gewißheit,
mit der sie erzwungen werden kann.
7,17-24 Mahnung zum Verbleib in dem jeweiligen Stand
Die Mahnung, in dem jeweiligen Stand zu bleiben (V. 21 kann, isoliert
genommen, auch als Konzession gelesen werden, von den Möglichkeiten
der Freilassung bzw. des Freikaufs Gebrauch zu machen!), wird zum einen
in V. 19 mit der Relativierung von Beschneidung und Unbeschnittenheit
begründet, zum anderen in V. 22 mit einer religiösen Umprägung
der Werte: Der im Herrn berufene Sklave ist ein Freigelassener des Herrn,
und der im Herrn berufene Freie ist ein Sklave des Herrn. Ob Paulus nach
der Geschichte der Arbeiterbewegung im 19. und 20. Jahrhundert noch genauso
reden würde, sei dahingestellt (vgl. immerhin 1 Kor 11,17-31); wir
sollten uns zur Vorsicht im Umgang mit religiöser Sprache mahnen
lassen.
7,25-38 Ratschlag für die noch Unverheirateten
V. 25 zeigt, wie Paulus sein eigenes Urteil von dem Wort Jesu unterscheidet.
Die Empfehlung, warum es besser sei, wenn die parthenoi (vermutlich Verlobte
beiderlei Geschlechts) auf die Ehe verzichten sollen, wird mehrfach begründet,
mit der Trübsal für das Fleisch (V. 28), mit der vergehenden
Weltzeit (V. 29-31) und mit der ungeteilten Zuwendung für den Herrn.
Doch wiederholt Paulus: Es ist besser, zu heiraten als auf die Ehe zu
verzichten und dann doch in Unzucht zu verfallen (V. 36-38).
7,39f. Ratschlag für die Witwen
Unklar ist die Schlußwendung nur daß es im Herrn
geschehe: Soll die Heirat nur mit einem christlichen Ehepartner
oder mit Billigung der Gemeinde vollzogen werden?
1 Kor 8-10 Götzenopferfleisch und heidnische
Kulthandlungen
Um die Brisanz dieser Kapitel richtig einschätzen zu können,
ist ein kurzer Blick auf die antike Fleischbeschaffung wie auf die Stellungnahmen
außerhalb des Neuen Testamentes vonnöten.
Das meiste Fleisch, das man von einem nichtjüdischen Metzger auf
dem Markt kaufen konnte, war in irgendeiner Weise unter heidnischen Opferzeremonien
geschlachtet (solches Opferfleisch heißt in paganen Texten hieroythyton
oder theothyton, in jüdischer [zuerst 4 Makk 5,2] und dann christlicher
Polemik eidolothyton). Aber auch das Fleisch (übrigens nur Speise
für Festtage) außerhalb eines Tempelbezirkes konnte mit heidnischen
Opferzeremonien in Berührung gekommen sein, war es doch bei nicht
wenigen Metzgern Brauch, wenigstens einige Stirnhaare eines Tieres der
Gottheit zu weihen. Gesellige Veranstaltungen und auch z.B. Geschäftsabschlüsse
waren nicht selten mit dem Genuß von Götzenopfern
verbunden; in den Satzungen der Vereine und Kultgenossenschaften war zu
Beginn der Mitgliederversammlung oft ein Opfer für die Gottheit vorgesehen.
Für Juden war der Genuß der von Heiden zubereiteten oder verkauften
Speisen problematisch. Die Speisegebote, in Lev 11,44; Dtn 14,21mit dem
Motiv der Heiligkeit des Volkes begründet, können im frühen
Judentum als Ausdruck einer gewollten Abgrenzung verstanden werden (vgl.
EpArist 142: Damit wir nicht besudelt und durch schlechten Umgang
(scil. mit Leuten, die viele Götter verehren und Götzenbilder
als Götter anrufen) verdorben werden, umgab er uns von allen Seiten
mit Reinheitsgeboten in bezug auf Speisen und Getränke und Berühren,
Hören und Sehen). Erzählende frühjüdische Texte
berichten eine dementsprechende Enthaltsamkeit von Daniel (Dan 1,8), Judit
(Jud 12,2), Esther (Est LXX C 28) und Tobit (Tob 1,10f.). Der Genuß
von Götzenopferfleisch ist verboten durch Ex 34,15: Hüte
dich, einen Bund zu schließen mit den Bewohnern des Landes, damit
sie, wenn sie ihren Göttern nachlaufen und ihnen opfern, dich nicht
einladen und du von ihrem Opfer ißt, ....
Im Bereich der christlichen Kirche sah erst das sog. Aposteldekret Apg
15,29 unter den vier Minimalforderungen, die eine Tischgemeinschaft zwischen
Juden- und Heidenchristen ermöglichen sollten, die Enthaltung von
Götzenopferfleisch vor. Paulus verweist in seinen Briefen nirgends
darauf. Zur Polemik gegen den Genuß von Götzenopferfleisch
vgl. auch Apk 2,14.20; Did 6,3; Justin, Dial. 34,8.
In Korinth fanden die meisten den Genuß von Götzenopferfleisch
unbedenklich, eine Minderheit hatte Bedenken. Aufgrund von 1 Kor 8,7 bezeichnet
man in der Forschung diese Minderheit als die Schwachen, die Mehrheit
als die Starken. Diese haben vermutlich aus dem Bewußtsein ihrer
pneumatischen Vollkommenheit heraus so argumentiert: Die angeblichen Götter,
denen das Fleisch geopfert wurde, existieren nicht, also ist die Handlung
des Opferns in Wahrheit keine Opferhandlung. Das ermöglicht
unbedenklich den Genuß. Bei den Schwachen vermutet man
eine noch nicht überwundene pagane Götterfurcht.
8,1-13 Erkenntnis und Verantwortung für den
anderen
Wenn und weil die Christen ihr Christsein, ihren Stand vor Gott nicht
selbst verdanken (8,3.8), ist unsere Freiheit eingeschränkt durch
den Glaubensstand des anderen, der sich durch unser Verhalten in Gewissensnot
versetzt sieht und für den die Gefahr besteht, daß er aus dem
Herrschafts- und Heilsbereich Christi herausfällt. Doch ist der geforderte
Verzicht des Starken ein Akt der Freiheit, da diese Freiheit den Bruder
als den von Christus befreiten anerkennt.
Das Stichwort oikodome (8,1) auch für die paulinische Beurteilung
anderer innergemeindlicher Phänomene entscheidend (vgl. z.B. 1 Kor
14,17), meint den gemeinsamen Nutzen aller.
9 Das Beispiel des Apostels
In 1 Kor 9 stellt der Apostel sich selbst als exemplum zur Nachahmung
hin: Er macht von seiner Freiheit in der Weise Gebrauch, daß er
auf ihre Durchsetzung verzichtet, wenn es die Glaubwürdigkeit der
Verkündigung fordert. Paulus kann sich um des willen (nicht aufgrund
einer allgemeinen liberalen Attitude!) sogar zur Abweichung von einem
Herrenwort veranlaßt sehen (zu 1 Kor 9,14 vgl. Lk 10,7!). Daß
Paulus den Juden wie ein Jude wird, mag angesichts seiner
grundsätzlichen Bejahung der beschneidungsfreien Heidenmission verwundern.
Gemeint ist vermutlich: Sofern Paulus mit Judenchristen zusammen war,
hielt er, um sie nicht unnötig zu provozieren, seinerseits auch die
Ritual- und Reinheitsvorschriften der Thora ein.
In 1 Kor 9,24-27 wird der Sportler dem Christen zum exemplum in der Zielgerichtetheit
alles seines Handelns auf den Siegespreis am Ende und in der Einsicht,
daß man um eines Zieles willen auch verzichten können muß.
Bilder aus dem Sport werden in der antiken Philosophie auf das Streben
nach Tugend, im hellenistischen Judentum auf das Gottesverhältnis
übertragen (Philo, de migratione Abrahami 133f.; Legum allegoriae
II, 108).
10,1-13 Das Beispiel der Wüstengeneration
1 Kor 10,1-13 ist eine typologische Auslegung der Exodus- und Wüstenwanderungsgeschichten.
Frage zur Weiterarbeit: Was ist eine Typologie?
10,14-22 Verbot der Teilnahme an heidnischen Kulthandlungen
Gemeinschaft mit den Dämonen (auch wenn sie in Wahrheit gar
nicht existieren) würde den Christen dem Herrschaftsanspruch Christi
entziehen.
1 Kor 10,23-11,1 Entscheidung hinsichtlich des Götzenopferfleisches
Paulus bespricht abschließend das Problem des Götzenopferfleisches:
Wird ein Stück Fleisch nicht als Götzenopferfleisch deklariert,
darf der Christ es bedenkenlos essen, ohne von sich aus Nachforschungen
über seine Herkunft anzustellen. Wird es als solches deklariert,
soll der Christ auf den Genuß verzichten, aber nicht um des eigenen
Gewissens willen, sondern, weil er das Gewissen des anderen schonen soll.
1 Kor 11,2-14,40 gottesdienstliche Mißstände
11,2-16 Die angemessene Kleidung beim Gottesdienst
Das Prophezeien der Frau im Gottesdienst ist in 1 Kor 11,5 (gegen
1 Kor 14,34f.) fraglos vorausgesetzt.
11,17-34 Die Feier des Herrenmahles
Grundlegend ist die Einsicht: Auch die äußere Gestalt
von Gottesdienst und Kirche sind der menschlichen Freizügigkeit zu
entziehen, wenn Elementares ignoriert wird und soziale Gegensätze,
die sich außerhalb der Gemeinde trennend auswirken, auch in die
Gemeinde hineingetragen werden. Sakramentsgenuß bewahrt nicht vor
den Folgen des göttlichen Gerichtes, wenn er unrecht ist.
Der Anlaß der Verse ist genauso umstritten wie der dabei vorausgesetzte
äußere Verlauf der Mahlfeier. Bei vorausgesetztem Ablauf Segnung
des Brotes - Sättigungsmahl - Segnung des Kelches vermutet man, die
einzelnen Gemeindeglieder seien mit je nach gesellschaftlichem Status
unterschiedlichen Speisen verköstigt worden (das war römische
Praxis, vgl. Martial, Epigr. III 60). oder daß ein Teil der Gemeindeglieder
nicht willens war, die mitgebrachten Speisen in Gemeindeeigentum zu überführen.
1 Kor 11,23-26 ist formgeschichtlich eine Kultätiologie, d.h. eine
Erzählung, welche die Heiligkeit einer Kultstätte oder die Durchführung
eines Ritus begründen will. Ihren Sitz im Leben hat eine Kultätiologie
im Gottesdienst. Die eigentlichen vorpaulinischen Einsetzungsworte 1 Kor
11, 23-25 sind der umfangreichste Text aus dem Corpus Paulinum, zu dem
Parallelen aus der Evangelientradition zu finden sind. Ein Vergleich zwischen
Mk 14,22-25 einerseits, 1 Kor 11,23-25 und Lk 22,15-20 (Langtext) andererseits
legt nahe, daß nicht einseitig in einer der beiden Fassungen die
ursprüngliche Form der Einsetzungsworte zu suchen ist. Die (kontrovers
diskutierte) Rekonstruktion kann hier nicht im einzelnen vorgeführt
werden. Ein mögliches Ergebnis könnte sein: Dies ist mein
Leib und Dieser Becher ist mein Blut für viele.
(J. Roloff, Art. Abendmahl 2., EKL 1, 1986, 10).
12 Die Geistesgaben
12,1-3 Anleitung zur Unterscheidung der Geister
Das Phänomen des Ekstatischen als solches entscheidet noch nicht
über das theologische Recht oder Unrecht einer Aussage.
12,4-11 Die Einheit des Geistes und die Vielfalt
der Gaben
Paulus sortiert hier wie in 1 Kor 12,28 in absteigender Reihenfolge,
die Wichtigkeit der Charismen für den Gemeindeaufbau betreffend;
die von den Korinthern offensichtlich hochgeschätzte Gnadengabe der
Zungenrede rückt er an das Ende.
12,12-31 Die Vielfalt der Gaben und die Einheit der
Gemeinde
Nur die uneingeschränkte gegenseitige Akzeptanz der Gnadengaben
bewahrt die Gemeinde vor Spaltungen. Das Charisma hat seine Bestimmung
nicht durch den Genius das damit Begnadeten, sondern durch den Nutzen
aller; und es sind auch die Charismen der Hilfeleistungen und Verwaltungsleistungen
einbezogen. Der Vergleich von 1 Kor 12,28 mit 1 Kor 12,4-11; Röm
12,6-8 zeigt, daß der Katalog nicht auf Vollständigkeit angelegt
ist.
13 Das Hohe Lied der Liebe
1 Kor 13 ist eine Lehrrede, die in den Versen 1-3.8.13, die Form
einer Wertepriamel hat: Einer Reihe allgemein anerkannter
Werten wird ein einzelner, dem Verfasser besonders am Herzen liegender
Wert gegenübergestellt.
14 Der Gottesdienst der Gemeinde.
Die Funktion von 1 Kor 13 für 1 Kor 14 liegt in folgendem: agape
äußert sich daran, daß die Geistesgaben zur Erbauung
der Gemeinde, zur oikodome in Wirkung gesetzt werden oder, sofern das
nicht möglich ist, nicht aktiviert werden. Das mulier taceat
in ecclesia wird aufgrund seines Widerspruches zu 1 Kor 11,5 nicht
selten als nachpaulinische Glosse beurteilt.
15 Die Auferstehung der Toten
Veranlaßt ist das Kapitel durch die in 1 Kor 15,12 mitgeteilte
These einiger Korinther, es gebe keine Auferstehung der Toten. Umstritten
ist der religionsgeschichtliche Hintergrund der These, die ja von Menschen
vertreten wird, die sich als Christen verstehen: Ist es das Bewußtsein
der bereits in diesem Leben erreichten pneumatischen Vollkommenheit, ist
es Einfluß jüdisch-dualistischer Weisheit, ist es hellenistische
Skepsis gegenüber dem Gedanken eines Weiterlebens nach dem Tod, die
durchaus nicht mit plattem Atheismus gleichzusetzen ist?
Zur Auferweckung der Toten vgl. Jes 26,19; Dan 12,2. Die Vorstellung war
noch zu Zeiten des Paulus nicht allgemein akzeptiert im Judentum, die
Sadduzäer lehnten sie ab (Josephus, Antiquitates 18,16; Mk 12,18-27;
Apg 23,9), ohne daß damit ihr Jude-Sein in Frage stand.
15,1-11 Die Basis der Argumentation
Paulus erinnert die Korinther an die gemeinsame Basis: Jesus ist
auferweckt von den Toten, und diese Auferweckung ist mehrfach bezeugt;
u.a. hat er selbst den Auferweckten gesehen. 1 Kor 15,3-5, von Paulus
als empfangene Überlieferung gekennzeichnet, ist einer der ältesten
Texte des Neuen Testaments.
15,12-19 Die Folgerung: Auch die Christen werden
auferweckt werden.
Die Argumentationsstruktur des Abschnittes ist umstritten. Paulus
zeigt Konsequenzen der gegnerischen Position auf, die die Gegner möglicherweise
selbst gar nicht gesehen hatten.
15,20-28 Die Auferweckung der Toten und das Ende
der Welt
Zur Adam-Christus-Typologie von V. 21 vgl. auch 1 Kor 15,45-47; Röm
5,12-19. Der Ablauf der Endereignisse wird in 1 Kor 15,23f. beschrieben;
V. 24-28 sind Erläuterung dazu. Dogmatische Verbindlichkeit kommt
solchen Schilderungen nach frühjüdischem Verständnis nicht
zu.
15,29-34 Konsequenzen für die christliche Lebensführung
Was wäre, wenn die Gegner Recht hätten? Hinfällig
wäre die Praxis einiger Korinther, die sich, so die wahrscheinlichste
Deutung, stellvertretend für ihre bereits verstorbenen nichtchristlichen
Familienangehörigen taufen lassen, um auch ihnen den Zugang zum Endheil
zu verschaffen (V. 29), hinfällig wäre aber auch der aufopfernde
Dienst des Apostels (V. 30-32) wie allgemein die Orientierung an einer
etwas höheren Sittlichkeit (V. 33f.).
15,35-58 Die neue Wirklichkeit
In V. 35 werden zwei Fragen gestellt: 1. Wie spielt sich der Vorgang
der Auferstehung ab? 2 Welches ist die Art der neuen Leiblichkeit? Bis
V. 49, antwortet Paulus auf die zweite, dann auf die erste Frage
15,35-49 Die Leiblichkeit der Auferstehung.
Waren das Absterben des Samenkorns vor dem Heranwachsen der entwickelten
Pflanze (die damals geläufige Vorstellung), der Kontrast zwischen
beiden und die Verschiedenartigkeit der einzelnen Arten die Kennzeichen
der ersten, von Gott gesetzten (!) Schöpfung, so wendet Paulus dies
auch auf die Neuschöpfung an. In der These V. 44b sind die Gewißheit
der Auferstehung wie die Gewißheit der somatischen postmortalen
Existenz gleichermaßen angesprochen.
Die in V. 45 aufgenommene Stelle Gen 2,7 LXX hatte ursprünglich auf
das Schöpfungshandeln Gottes gezielt, das dem aus Lehm gebildeten
Körper Adams die Seele einhauchte. Die Unterscheidung zwischen dem
Menschen i.S. der platonischen Idee und dem historischen Menschen soll
bei Philo (de opificio mundi 134-148) das Nebeneinander der beiden Schöpfungsberichte
erklären. Ist bei Philo der erste Mensch der vollkommene, der zweite
sein Abbild, so ist es bei Paulus umgekehrt. Was mit V. 45 bewiesen werden
soll, wird allerdings erst verständlich, wenn die uns irreführende
Wendung zu einer lebendigen Seele i.S. von V. 44 auf die irdische
und damit sterbliche Seele Adams gedeutet wird. Gott hat den Adam als
lebendiges, aber sterbliches Wesen erschaffen. In frühjüdischer
wie frühchristlicher Literatur ist umstritten, ob bereits der supralapsarische
Adam sterblich war oder nicht, hier ist die Antwort eindeutig.
15,50-58 Die Verwandlung
1 Kor 15,50 kritisiert ein falsches Vollendungsbewußtsein.
Wir alle, auch die im Geist lebenden Christen, sind Fleisch und Blut,
die eigentliche vollendete Existenz liegt noch vor uns.
Paulus selbst rechnet in 1 Kor 15,51 damit, noch bei Leibesleben die Parusie
mitzuerleben. Bekanntlich ist dies nicht Wirklichkeit geworden, Paulus
fand das Martyrium (s.o.).
Zum jüdischen Hintergrund der Vorstellung vom Himmelsgewand vgl.
äthHen 62,15f. Jes 25,8 ist auch in rabbinischer Literatur Schriftbeleg
dafür, daß in Gottes neuer Welt der Tod aufhört.
16 Kollekte, Reisepläne, Ermahnungen, Grüße
und Schlußwünsche
16,1-4 Kollekte für die Armen in Jerusalem
Vgl. dazu Gal 2,10; 2 Kor 8; 9;Röm 15,26-31. Der theologische
Sinn der Kollekte besteht einmal in der materiellen Hilfeleistung, zum
anderen aber darin, daß die bewußt bejahte Einheit der Gemeinde
aus Juden- und Heidenchristen zum Ausdruck kommen soll. U.U. ist die Kollekte
gescheitert, wie schon Paulus befürchtete (vgl. Röm 15,26-31):
Lukas erwähnt sie nur in einem Halbsatz (Apg 24,17).
16,5-12 Reisepläne
16,13-18 abschließende Ermahnungen;
16,19-24 Grüße und Schlußwünsche.
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