Lektion 10: Katholische Briefe

Katholische Briefe
Der erste Petrusbrief
Der Judasbrief
Der zweite Petrusbrief
Der Jakobusbrief
Der erste Johannesbrief
Der zweite Johannesbrief
Der dritte Johannesbrief

Der dritte Johannesbrief

Bezeugung und Kanonisierung

Die Kenntnis des dritten Jahrhunderts ist nach Euseb für Origenes wahrscheinlich (Euseb, h.e. VI 25,10), für Euseb selbst (h.e. III 24,17; 25,3) sowie für Cyrill von Jerusalem und Hieronymus gegeben; Athanasius (39. Osterfestbrief) sowie die Synoden von Hippo Rhegius und Karthago haben ihn genauso wie den zweiten Johannesbrief als kanonisch anerkannt. In den großen Bibelhandschriften des 4.und 5. Jahrhunderts, dem Siniaiticus, dem Vaticanus und dem Alexandrinus, aber auch (in Teilen infolge Textverlustes) im Codex Ephraemi rescriptus ist der dritte Johannesbrief enthalten.

Situation

Der Älteste informiert Gaius über den Konflikt mit Diotrephes, der den Ältesten und seine Mitarbeiter nicht aufnehmen will. Bei der Beurteilung, worum es sich in diesem Konflikt handelt, variieren die Modelle je nach dem, ob man den 2. Johannesbrief mit seiner Beschreibung der Irrlehrer hinzunimmt oder nicht.
Nimmt man den zweiten Johannesbrief nicht hinzu, könnte der Konflikt kirchenrechtlicher Natur sein: Ist Diotrephes, der in der Gemeinde als der erste gelten will, ein Propagator des monarchischen Episkopates der Einzelgemeinde, dem der Älteste als Leiter einer (von ihm selbst gegründeten?) Organisation von Wanderpredigern gegenübersteht? (A. v. Harnack)? Oder ist für Diotrephes der Geist das alleinig bestimmende Subjekt der Gemeindeordnung, der Selbstanspruch des »Alten« deshalb überzogen (J.-W. Taeger)?
Nimmt man den zweiten Johannesbrief dazu und rechnet man Diotraphes zu den »Verführern« aus 2 Joh 7, scheint ein eher dogmatisch-theologischer Konflikt vorzuliegen. Aber dann sind immer noch mehrere Erklärungsmodelle möglich:
- Der Presbyter ist »rechtgläubig«, Diotrephes ist ein Ketzer (W. Bauer)
- Diotrephes ist »rechtgläubig«, der Presbyter ist ein Häretiker mit einer gnostisierenden Irrlehre (E. Käsemann)
K. Wengst hat die Positionen von Harnacks und Käsemanns kombiniert: Diotrephes ist der erste monarchische Bischof, und zwar ein rechtgläubiger, kein häretischer.

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Gliederung

1 Präskript
Die eigentliche Grußformel fehlt und wird ersetzt durch einen Ausdruck der Verbundenheit des Absenders mit dem Adressaten. Später wird Gaius zu den „Kindern“ des Absenders gezählt; vermutlich hat er ihn bekehrt (und vielleicht auch getauft).

2-4 Proömium
Das Proömium folgt wie schon 2 Joh 4-6 der antiken Praxis des Briefschreibens, nach dem Eingangsgruß der Adressaten vor den Göttern zu gedenken und seiner Freude über erhaltene gute Nachrichten Ausdruck zu geben.

5-8 Die Gastfreundschaft des Gaius
Urchristliche Wandermissionare waren auf die Gastfreundschaft der Gemeinden angewiesen (vgl. Lk 10,6-8), gerade dann, wenn sie, als sichtbares Zeichen der Distanz zur Welt und der Selbstunterscheidung von manch anderen Wanderpredigern (vgl. zu 1 Thess 2,1-12 sowie als Kontrastparallele Apuleius, Metamorphosen 8,29,1), von Nichtchristen keine Unterstützung annahmen (V. 7). In das Lob des Gaius „vor der Gemeinde“, d.h. in der Versammlung der Gemeinde des „Alten“, stimmt auch der Vf. ein, und er bittet Gaius (die Wendung „du wirst gut daran tun, wenn du ...“ ist eine Bitte in der damals üblichen brieflichen Form), weiterhin in diesem Sinne tätig zu sein. Die Grenzen der Gastfreundschaft sind gegeben, wenn solche Wandermissionare eine unrechte Lehre verkünden (2 Joh 10.11). Die Didache, eine wohl zu Beginn des 2. Jahrhunderts in Syrien entstandenen Kirchenordnung, sieht einen Mißbrauch der Gastfreundschaft dann gegeben, wenn ein wandernder Prophet allzulange bleibt (Did 11,5: keinesfalls länger als zwei Tage!), oder wenn er Geld verlangt: dann ist er ein Pseudoprophet (Did 11,6).

9-11 Das Fehlverhalten des Diotrephes
Das in V. 9 erwähnte Schreiben ist wohl kaum der zweite Johannesbrief, da dieser vor leichtfertigem Kontakt mit religiös Andersdenkenden warnt. Die Gemeinde, an die der Alte geschrieben hatte, ist nicht näher bezeichnet, doch wird ihr Gaius wohl kaum zugehört haben (so aber Wengst), denn Gaius weiß von der Praxis des Diotrephes nichts.
Diotrephes verhält sich gegenüber den Leuten des „Alten“ so, wie dieser es in 2 Joh 10 von der Gemeinde gegenüber Irrlehrern gefordert hat: Er bezieht verbal Stellung, nimmt sie nicht auf, hindert andere Gemeindeglieder daran, sie aufzunehmen, und stößt diese Gemeindeglieder im Falle der Gehorsamsverweigerung aus der Gemeinde aus. Umstritten ist, ob die Wendung „der erste sein wollen“ ein tatsächlich gegebenes „Amt“ unter Vermeidung seines wirklichen Titels (vielleicht episkopos) diskreditieren will, aufgrund dessen Diotrephes die Befugnis zu dieser Art von Entscheidungen hat (Bultmann; Wengst), oder eine tatsächliche Amtsanmaßung des Diotrephes bezeichnet (Beutler) oder den persönlichen, nicht durch Strukturen kontrollierten und kontrollierbaren Ehrgeiz des Diotrephes, der dem johanneischen Ideal von 1 Joh 2,20.27 widerspricht (Klauck).
Offensichtlich betrachtet der „Alte“ ihn nicht als Irrlehrer, sondern sieht sich seinerseits zu Unrecht mit - möglicherweise analogen - Vorwürfen konfrontiert (das würde am ehesten die scharfen Maßnahmen des Diotrephes erklären).

12 Empfehlung für Demetrius
Zu der auch urchristlichen Praxis der Empfehlungsbriefe vgl. 2 Kor 3,1; Röm16,1f.

13-15 Schluß
13f. ist ähnlich wie 2 Joh 12 von der Freundschaftstopik geprägt.