Lektion 12: Die Offenbarung des Johannes

Vorbemerkungen
Verfasserfrage
Die Rezeption der Johannesoffenbarung
Die Adressaten
Situation
Datierung und Lokalisierung
Gattung
Theologische Voraussetzungen
Literarische Gemeinsamkeiten
Theologische Gemeinsamkeiten
Grobgliederung
Feingliederung
Exkurs: Chiliasmus
Theologische Grundgedanken

Die Rezeption der Johannesoffenbarung

Möglicherweise erstmals als „Schrift“ wird die Johannesoffenbarung im Brief der Märtyrer von Lyon (177) an die kleinsasiatischen Gemeinden zitiert (bei Esueb, h.e. V 1,58). Anerkannt wird die Johannesoffenbarung auch bei Tertullian im Westen, Clemens von Alexandrien und Origenes. Seit der kritischen Diskussion ihrer Verfasserschaft durch Dionysios von Alexandria ist ihre kanonische Geltung im Osten erschüttert; Euseb (h.e. III25,2.4) äußert Bedenken, Cryill von Jerusalem (350) erwähnt sie nicht als Heilige Schrift. Nicht einmal der bekannte 39. Osterfestbrief des Athanasius von Alexandrien (367) hat diese kritische Diskussion beendet, wie die Bedenken bei Antiochius von Ikonium (gest. 394) und die ablehnenden Stellungnahmen durch die drei großen Kappadozier (Basilius von Caesarea, Gregor von Nazianz, Gregor von Nyssa) und später Johannes Chrysostomus und Theodoret von Kyros zeigen. Noch die Stichometrie des Nikephoros aus dem 9. Jhdt. zählt die Johannesoffenbarung ausdrücklich nicht zu den Büchern des Neuen Testaments. In Bibelhandschriften der byzantinischen Kirche kann sie noch bis ins 10./11. Jahrhundert fehlen. Es ist nur unserem landläufigen (und an dieser Stelle verfehlten) Durchschnittsbewußtsein eine pure Selbstverständlichkeit, wenn die Majuskel 046 (Majuskel: Handschrift in Großbuchstaben) aus dem 10. Jahrhundert in der Überschrift eindeutig Auskunft gibt über den Verfasser der Schrift und damit ihre kanonische Geltung: „Offenbarung des Johannes des Theologen und Evangelisten“.
Auch in der syrischen Kirche wurde die Johannesoffenbarung zunächst noch nicht rezipiert; in der Peschitta (Bibelrevision, entstanden zu Beginn des 5. Jhdts.) fehlt sie ebenso wie die vier kleineren katholischen Briefe (2.3. Joh., 2. Pt, Jud), ähnlich bei den ostsyrischen Nestorianern, die sich 431 von der Großkirche getrennt hatten. Nur im Bereich der monophysitischen westsyrischen Kirche wurde die Johannesoffenbarung rezipiert.
In der westlichen Kirche ist die Johannesoffenbarung von Anfang an unbestritten. Bedenken kamen allerdings wieder in der Reformationszeit auf; Luther erwähnt 1534 Eusebs (h.e. III 25,2.4) Vorbehalte hinsichtlich der Verfasserschaft, Calvin hat die Johannesoffenbarung in seiner Auslegung der Heiligen Schrift schlichtweg übergangen.