Lektion 12: Die Offenbarung des Johannes

Vorbemerkungen
Verfasserfrage
Die Rezeption der Johannesoffenbarung
Die Adressaten
Situation
Datierung und Lokalisierung
Gattung
Theologische Voraussetzungen
Literarische Gemeinsamkeiten
Theologische Gemeinsamkeiten
Grobgliederung
Feingliederung
Exkurs: Chiliasmus
Theologische Grundgedanken

Theologische Voraussetzungen

1. Die Wurzel der Eschatologie und der Apokalyptik liegen in einer Eigenart des JHWH-Glaubens begründet: JHWH wird als ein Gott bezeugt, der sich für die Seinen durchsetzt (Ex 14), der geschichtlich und rettend handelt (Jos; Ri), der verheißt und erfüllt (Vätergeschichten, Ex 3), der geleitet und zielgerichtet führt (Führung in der Wüste).

2. Gott ist Herr der Welt, auch wenn die äußeren Umstände momentan dagegen sprechen (Jes 40,1-11; 45,1-7). Es war die entscheidende Erkenntnis Israels im Exil, daß die Macht Gottes nicht an die Ohnmacht seines Volkes gebunden ist.

3. Herrschaft Gottes und speziell der „Tag JHWHs“ bedeutet entgegen einer falschen Erwartung nicht Heil für Israel, sondern Unheil (Am 5,18-20). In Jes 2,12ff. ist das Motiv ins Kosmische ausgeweitet, ebenso in Zephania 1 (Der Tag JHWHs betrifft Israel und die Völker) und Joel 1: Der Tag JHWHs hat Vorzeichen (Heuschreckenplage) und betrifft Natur wie Geschichte, Israel wie die Völker. Er bringt aber Heil für diejenigen aus Israel, die zu JHWH umkehren. So wird auch die paränetische Akzentuierung apokalyptischer Texte verständlich, nämlich ihr Anliegen, den Gehorsam gegenüber den göttlichen Geboten einzuschärfen. Zu dem vorapokalyptischen motivgeschichtlichen Inventar, das in der Apokalyptik wichtig wird, gehören die Verheißung des Neuen Bundes (Jer 31, 31-34), des erneuerten Volkes (Ez 36,26f.) und des neuen Jerusalem (Ez 40-48: der neue Tempel) ebenso wie die Verheißung der neuen Schöpfung mit Völkerfrieden (Jes 2,2-4) und Tierfrieden (Jes 11,6-8; Hos 2,20).

Anfänge apokalyptischen Denkens zeigen sich zunächst u.a. in kleineren Zusätzen in Tritojesaja 60,19f.; 65,17-25; 66,20.22-24, dann in kleineren Textkorpora: Sacharja (Sach 1-8; 9-11; 12-14); Joel; Jes 24-27 (kleine Jesaja-Apokalypse, 2. Jhdt. v. Chr.); Ez 38 / 39 Weissagungen über Gog aus Magog.

Die ältesten apokalyptischen Schriften sind Teile des heutigen äthiopischen Henochbuches sowie das Buch Daniel, vor allem Dan 2 sowie Dan 7 - 12. In späterer Zeit wurden apokalyptische Texte auch auf Noah (heute in äthHen integriert), Abraham, Mose, Elia, Baruch, Esra u.a. zurückgeführt, nicht aber auf David und Salomo: David stand als Namengeber für viele Psalmen, Salomo für andere Weisheitsliteratur (Sprüche Salomos, Prediger Salomo, Weisheit Salomos, Psalmen Salomos). Kennzeichnend für viele dieser Schriften ist ein Miteinander literarischer und theologischer Gemeinsamkeiten.